Kritik an EVP-Chef Weber Zu nah an Italiens Rechten?
Sie sei bei Europa konstruktiv und stehe an der Seite der Ukraine: EVP-Chef Weber sieht Italiens rechte Regierungschefin Meloni nicht im Widerspruch zu den Prinzipien seiner Parteienfamilie. Dafür gibt es breite Kritik an dem CSU-Politiker.
Wegen seiner Kontakte zu Italiens rechter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gerät der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, zunehmend unter Druck. Mitglieder seiner eigenen Fraktion im EU-Parlament und andere führende Europapolitiker zeigten sich entsetzt darüber, dass der CSU-Vize einem Bündnis mit den rechten Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) - der Partei Melonis - zuletzt keine klare Absage erteilte.
"Die Brandmauer nach rechts muss immer stehen - von Palermo bis nach Wattenscheid, von Brüssel bis nach Rom", sagte etwa der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke der Nachrichtenagentur dpa. Aus der Fraktion hieß es, dass es massiven Widerstand gegen Webers Kurs gebe.
Weber sieht Meloni im Einklang mit EVP-Prinzipien
Weber, CSU-Politiker aus Niederbayern, steht zwar nicht im Verdacht, zum rechten Rand zu gehören, doch hatte er seine EVP kürzlich mit einer bemerkenswerten Aussage zu Melonis Partei positioniert. In einem Interview der Zeitungen der Funke Mediengruppe, sagte er: Drei fundamentale Prinzipien der EVP seien "pro Rechtsstaat, pro Europa, pro Ukraine" - und "Meloni ist bei Europa konstruktiv, steht an der Seite der Ukraine, und beim Rechtsstaat gibt es in Italien keine Probleme".
Zwar teile er die Sorge, was die Geschichte von Melonis Partei Fratelli d'Italia angehe, so Weber in dem Interview weiter. "Aber heute reden wir miteinander, wie wir die große Fragen Europas gemeinsam als Europäer lösen können." Zwei Mal haben Weber und Meloni sich in den vergangenen Monaten getroffen.
Zur konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament gehören neben CDU und CSU aus Deutschland etwa die ÖVP aus Österreich oder Forza Italia aus Italien - einer der Koalitionspartner Melonis. Melonis Fratelli d'Italia gehören hingegen der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) an - ebenso wie etwa die nationalkonservative polnische Regierungspartei PiS und aus Deutschland der frühere AfD-Abgeordnete Lars Patrick Berg.
Zur EVP-Fraktion gehört die italienische Forza Italia. Weber - hier mit Forza-Vizechef Antonio Tajani - engagierte sich auch im Wahlkampf.
Meloni wetterte seit ihrer Wahl im September weniger gegen die EU als zuvor und äußerte sich generell seltener radikal als von vielen befürchtet worden war. Für Radtke und andere EVP-Politiker reicht das aber nicht aus. "Wir dürfen unser Politikverständnis nicht auf reine Machttaktik reduzieren", sagte der CDU-Politiker. Auch Christophe Hansen, Abgeordneter aus Luxemburg, sieht in einem Bündnis mit den Fratelli eine rote Linie. Melonis Partei gehöre nicht in die EVP, sagt er der dpa. Zugleich betont er, dass man mit der italienischen Regierung zusammenarbeiten müsse, da sie nun mal gewählt sei und sich bislang pro-europäisch geäußert habe.
"No-Go" und "inakzeptabel"
Doch auch abseits der EVP sorgt Webers Verhältnis zu Meloni für Unverständnis. Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), sprach von einem "absoluten No-Go". Nicola Beer von der FDP, ebenfalls Vizepräsidentin, warf Weber vor, "offenbar seinen politischen Kompass an den Nagel" gehängt zu haben, um am rechten Rand zu fischen. Für den Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter sei eine Kooperation der EVP-Fraktion mit der "postfaschistischen" Partei Melonis "inakzeptabel", sagte er den Funke-Zeitungen.
Auch CSU-Parteichef Markus Söder äußerte sich inzwischen. Er habe sich "lange" mit Weber zu dem Thema ausgetauscht, sagte Söder. Beide seien sich darüber einig, dass eine Mitgliedschaft von Melonis Partei in der EVP "ausgeschlossen" sei. "Das ist nicht vereinbar", sagte er. Eine formelle Koalition könne "auf keinen Fall gewollt sein".
Meloni war am Freitag zu ihrem Antrittsbesuch bei Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Zentrale Themen waren vor allem der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die Flüchtlingspolitik in Europa. Beim Thema Ukraine seien sich Scholz und Meloni weitgehend einig gewesen, sagte der Kanzler. Bezüglich der Flüchtlingspolitik gingen ihre Auffassungen jedoch auseinander.