Fragen und Antworten Was ändert sich bei der Erbschaftsteuer?
Nach jahrelangem koalitionsinternen Streit hat der Bundestag die Reform der Erbschaftsteuer verabschiedet. Doch wie sehen die geplanten Änderungen zur Erbschaftsteuer nun genau aus? Und worum geht es im Einzelnen?
Wie hoch sind die neuen Erbschaftsteuersätze?
Die Erbschaftsteuersätze waren zuletzt gestaffelt nach Verwandschaftsgrad des Erben und Wert des weitergegebenen Vermögens; sie lagen zwischen sieben und 50 Prozent. Nach dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen diese drei Steuerklassen generell bestehen bleiben. Die Vorlage nennt die Steuerklasse I für Ehegatten, Kinder und Enkel (Steuersätze von sieben bis maximal 30 Prozent, abzüglich der Freibeträge); die Steuerklasse II für Geschwister und entfernte Verwandte sowie die Steuerklasse III für alle übrigen Erben wie Freunde und Bekannte (in beiden Steuerklassen Steuersätze von 30 bis maximal 50 Prozent, jedoch steigen die Sätze in Steuerklasse III schneller an, abzüglich der Freibeträge).
Der Freibetrag wird so hoch liegen, dass nach Angaben des Finanzministeriums in 90 Prozent der Fälle keine Erbschaftsteuer erhoben werden wird. Die Freibeträge liegen bei Ehegatten oder Partnern aus eingetragenen Lebenspartnerschaften künftig bei 500.000 Euro (bisher 307.000) Euro, bei Kindern jeweils bei 400.000 Euro (bisher 205.000). Hinzu kommt ein Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro, wenn Altersbezüge aus Gesellschafterverträgen und nicht aus Pensionen stammen. Die Erbschaftsteuer trägt zu weniger als einem Prozent des deutschen Steueraufkommens bei.
Welche Änderungen gibt es bei Wohnimmobilien?
Steuerfrei vererbbar ist nach dem neuesten Kompromiss künftig jegliches selbstgenutztes Wohneigentum - nur mit einer zeitlichen Einschränkung. Dabei ist jedoch egal, was die Immobilie wert ist und, ob es sich um eine Villa oder eine Etagenwohnung handelt. Also wird dann auch die in der Debatte häufig als Beispiel verwendete mehrere Millionen teure Villa am Starnberger See steuerfrei vererbbar sein. Wohnflächen über 200 Quadratmeter müssen anteilig zum Verkehrswert versteuert werden, wenn die Kinder die Erben sind und dort einziehen. Für hinterbliebene Ehe- und Lebenspartner gilt die Flächenbegrenzung nicht. Die Steuerfreiheit gilt jedoch nur, wenn die Immobilie vom Lebenspartner mindestens zehn Jahre weiter bewohnt wird - oder wenn Kinder des Verstorbenen einziehen, die ebenfalls dort mindestens zehn Jahre ihren Lebensmittelpunkt haben. In beiden Fällen muss es der Erstwohnsitz sein. Eine Vermietung, Verpachtung oder ein Verkauf der Immobilie hebt die Steuerfreiheit auf.
Zuletzt wurde bei Mietshäusern, Eigentumswohnungen oder Eigenheimen nicht der tatsächliche Verkehrswert als Steuergrundlage herangezogen, sondern der reale Marktwert einer Immobilie oft nur zu 30 bis 40 Prozent für die Berechnung der Erbschaftsteuer berücksichtigt. An diesem Punkt will die Bundesregierung ansetzen: Nun soll bei Eigentumsimmobilien nach Plänen des Bundesfinanzministeriums künftig zu 100 Prozent deren tatsächlicher Verkehrswert zu Grunde gelegt werden, wenn die Erbschaftsteuer nach den oben beschriebenen Kriterien fällig würde.
Was gilt künftig bei Barvermögen?
Bei dieser Form von Erbschaft fallen die vom Bundesfinanzministerium beabsichtigten Änderungen vergleichsweise gering aus. So soll der Wert eines Barvermögens weiterhin zu 100 Prozent bei der Berechnung des jeweiligen Erbschaftsteuersatzes berücksichtigt werden. Erfreulich für Erben: Die Bundesregierung plant, die Freibeträge für enge Verwandte generell heraufzusetzen. Der Freibetrag für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner soll demnach von 307.000 auf 500.000 Euro steigen, der für Kinder von 205.000 auf 400.000 Euro.
Alle übrigen Verwandten und Bekannten - zum Beispiel Geschwister, Nichten und Neffen - müssen dagegen in Zukunft mehr Erbschaftsteuer zahlen als bisher. Für sie gilt ein Freibetrag von lediglich 20.000 Euro, die Steuerlast steigt auf 30 bis 50 Prozent. Bisher lagen die Sätze für entferntere Verwandte und alle anderen Verwandten bei 17 bis 50 Prozent.
Was ändert sich bei Unternehmens-Erbschaften?
Bei der Weitergabe von Firmenvermögen zeigt sich der Gesetzentwurf der Bundesregierung betont großzügig. Hier soll der Staat zukünftig auf die Erbschaftsteuer verzichten. Die Regelung ist an folgende Bedingungen geknüpft: Die Summe aller betrieblichen Löhne muss zehn Jahre lang gehalten werden, wobei jährliche Schwankungen erlaubt sind. Zudem dürfen keine Arbeitsplätze in dieser Zeit abgebaut werden. Alternativ kann man auch eine Besteuerung von 15 Prozent wählen, was einer pauschalen Steuerbefreiung von 85 Prozent entspricht. Dann darf die Summe aller gezahlten Löhne innerhalb von zehn Jahren um ein Drittel sinken.
Werden diese Voraussetzungen seitens der Nachfolger nicht erfüllt, muss Erbschaftsteuer nachgezahlt werden. Dafür vorgesehen ist ein mehrstufiges Modell, das die Zeitspanne zwischen Erbschaftsantritt und Verkauf ebenso berücksichtigt wie Zeitpunkt und Höhe der insgesamt gezahlten Löhne. Das überarbeitete Erbschaftsteuergesetz sieht nach den Plänen der Großen Koalition jedoch auch Härtefall-Regelungen vor, etwa für Pleiten in Krisenzeiten.
Im Vergleich zum alten Erbschaftsteuerrecht ist insbesondere die mehrjährige Haltefrist für Firmen-Erben ein Novum. Bislang galt für Unternehmens-Nachfolgen die Regelung, dass der Realwert eines Betriebes nur zu 65 Prozent in der Steuerberechnung berücksichtigt wurde. Darüber hinaus konnten Erben einen Freibetrag von bis zu 225.000 Euro geltend machen.
Ein Verkauf von Teilen des Betriebes zur Schuldentilgung oder zur Erhöhung des Eigenkapitals ist nach dem jüngsten Kompromiss von CDU/CSU und SPD erbschaftsteuerfrei möglich, wenn am Ende die Lohnsumme eingehalten wird. Damit soll sichergestellt werden, dass Arbeitsplätze durch die Auswahl neuer Geschäftsfelder erhalten bleiben. Diese müssen jedoch nicht dem ursprünglichen Geschäftszweck entsprechen.
Wann tritt das reformierte Gesetz in Kraft?
Das reformierte Erbschaftsteuergesetz wird aller Voraussicht nach am 1. Januar 2009 in Kraft treten. Der Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung am 27. November 2008 mit den Stimmen der Großen Koalition verabschiedet. Allerdings votierten 28 Unionsabgeordnete gegen den Gesetzentwurf. Jetzt muss noch der Bundesrat zustimmen.
Als gesichert gilt bereits jetzt, dass Bürger, die in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes eine Erbschaft angetreten haben, zwischen alter und neuer Regelung wählen können.
Weshalb wird die Erbschaftsteuer neu geregelt?
Das alte Erbschaftsteuergesetz muss überarbeitet werden, weil es gegen das Grundgesetz verstößt. Im November 2006 erklärte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung als gesetzeswidrig, da sie die Weitergabe verschiedener Vermögenswerte - Bargeld, Immobilien oder Aktien - unterschiedlich hoch besteuert. Gleichzeitig ordneten die Karlsruher Richter eine Neuregelung des Erbschaftsteuergesetzes bis Ende 2008 an.
Wie viel wird in Deutschland vererbt und was verdient der Staat daran?
Medienberichten zufolge werden in Deutschland jährlich Vermögenswerte in Höhe von etwa 200 Milliarden Euro durch Erbschaft weitergegeben. Bei einer Bevölkerungszahl von rund 82,3 Millionen bedeutet dies aus statistischer Sicht, dass jeder Einwohner Deutschlands durchschnittlich 2.430,13 Euro pro Jahr erbt.
Gemessen daran sind die staatlichen Einkünfte durch die Erbschaftssteuer eher gering. Im vergangenen Jahr nahm die öffentliche Hand 4,2 Milliarden Euro durch entsprechende Steuerzahlungen ein. Zum Vergleich: Die Gesamt-Steuereinnahmen des Bundes beliefen sich 2007 auf eine Summe von 538,2 Milliarden Euro.
Zusammengestellt von Thomas Dressel für tagesschau.de, von Corinna Emundts, tagesschau.de, und Georg Link, ARD-Hauptstadtstudio.