Nach Messerattacke Tatverdächtiger von Solingen stellt sich
Nach dem Messerangriff von Solingen mit drei Toten hat sich ein Tatverdächtiger der Polizei gestellt. Der 26-jährige Syrer gab an, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Weiterhin sind viele Fragen offen - unter anderem zur Beteiligung des IS.
Nach dem tödlichen Messerangriff in Solingen hat die Polizei einen Tatverdächtigen vorläufig festgenommen. Die Polizei teilte mit, der 26-Jährige habe sich den Ermittlungsbehörden gestellt und angegeben, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Sie bestätigten zudem Medienberichte, wonach es sich bei dem Verdächtigen um einen Syrer handelt. Die Tatbeteiligung dieser Person werde derzeit intensiv geprüft.
"Ganzen Tag eine heiße Spur verfolgt"
Am Abend hatte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) in den tagesthemen von der Ergreifung des Mannes berichtet. Er sprach von einem "wirklich Verdächtigen", den man den ganzen Tag gesucht habe.
Zu Berichten über eine Durchsuchung in einer Flüchtlingsunterkunft sagte Reul, dies sei das Ergebnis von weitergehenden Informationen gewesen, die verwertet worden seien. "Aber das war nicht das, was wir gewollt haben. Wir haben den ganzen Tag eine heiße Spur verfolgt." Dieser sei dann erfolgreich nachgegangen worden. "Der, den wir den ganzen Tag in Wirklichkeit gesucht haben, der ist seit kurzer Zeit bei uns in Gewahrsam."
Am Freitagabend hatte ein Mann auf einem Jubiläumsfest zum 650. Gründungstag der Stadt Solingen offenbar willkürlich auf Menschen eingestochen. Anschließend entkam er im Tumult und in der anfänglichen Panik. Zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56 Jahre alte Frau starben. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer.
NRW-Innenminister Reul zeigte sich in den tagesthemen erleichtert. Man habe nicht nur einen Hinweis auf diese Person gehabt, sondern auch Beweisstücke gefunden. Laut dem Magazin Spiegel kam der verdächtige Syrer Ende Dezember 2022 nach Deutschland und stellte einen Antrag auf Asyl. Den Sicherheitsbehörden war er bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt.
IS reklamiert Tat für sich
Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hatte die Tat am späten Abend für sich reklamiert, eine Bestätigung der Sicherheitsbehörden für ein islamistisches Tatmotiv gibt es bislang aber nicht. In einer Mitteilung auf seinem Propaganda-Kanal Amak behauptete der IS, der Angreifer sei Mitglied gewesen und habe die Attacke aus "Rache für Muslime in Palästina und anderswo" verübt. Der Angriff habe einer "Gruppe von Christen" gegolten. Auch die Düsseldorfer Polizei erhielt nach eigenen Angaben ein angebliches Bekennerschreiben des IS. Jetzt müsse geprüft werden, ob dieses Schreiben echt sei, sagte ein Polizeisprecher.
Aus Ermittlerkreisen wurde darauf hingewiesen, dass der IS in der Vergangenheit schon öfter eine Tat für sich reklamiert habe, ohne dass es belastbare Hinweise für eine Zusammenarbeit mit dem Täter gab. Mutmaßlich bezieht sich der IS mit der "Rache für Muslime in Palästina" auf den Krieg im Gazastreifen zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas. Weder der IS noch das Terrornetzwerk Al-Kaida haben Bündnisse mit der islamistischen Hamas.
Terrorgefahr durch Nahost-Krieg gestiegen
Die Gefahren durch Terrorismus und Radikalisierung in der islamischen Welt sind den Sicherheitsbehörden zufolge durch den monatelangen Krieg in Gaza aber gestiegen. Deutschland ist neben den USA einer der wichtigsten Verbündeten Israels und auch einer der wichtigsten Waffenlieferanten.
Zu den Hintergründen der Tat in Solingen hatte der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers am Samstagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Wuppertal gesagt: "Eine Motivlage konnten wir bisher auch nicht erkennen, wir gehen aber nach den Gesamtumständen davon aus, dass der Anfangsverdacht einer terroristisch motivierten Tat nicht ausgeschlossen werden kann." Sollten sich die Hinweise auf eine terroristische Straftat verdichten, komme eine Übernahme des Falles durch den Generalbundesanwalt in Betracht.
Festnahme eines 15-Jährigen
Im Zusammenhang mit der Tat war zuvor bereits ein 15 Jahre alter Jugendlicher festgenommen worden. Als möglicher Vorwurf gegen ihn steht die Nichtanzeige geplanter Straftaten im Raum. "Nach vorliegenden Zeugenaussagen soll eine bislang unbekannte Person kurz vor dem Angriff mit dem Jugendlichen über Absichten gesprochen haben, die zur Tatausführung passen würden", sagte Caspers.