EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei SPD nimmt Merkel in die Pflicht
Die SPD drängt Kanzlerin Merkel, das EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei durchzusetzen. Die Kanzlerin sei dafür verantwortlich, dass der Deal funktioniere, sagte SPD-Vize Schäfer-Gümbel. CSU-Chef Seehofer relativierte die Bedeutung der Vereinbarung.
Die SPD setzt Bundeskanzlerin Angela Merkel angesichts der ungewissen Zukunft des EU-Flüchtlingsabkommens mit der Türkei unter Druck. "Es ist die Verantwortung der Kanzlerin, dass der Türkei-Deal funktioniert", sagte SPD-Bundesvize Thorsten Schäfer-Gümbel der "Welt am Sonntag". Die SPD erwarte, "dass Angela Merkel die Bedingungen des Deals durchsetzt und nicht vor (Präsident Recep Tayyip) Erdogan kuscht". Rabatte auf europäische Werte dürfe es nicht geben, fügte er mit Blick auf den Streit um die türkischen Anti-Terror-Gesetze hinzu, deren Reform Bestandteil des Abkommens ist.
Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der Zeitung: "Der Deal hat die EU erpressbar gemacht. Die Kanzlerin trägt dafür maßgeblich Verantwortung."
Steinmeier kontert die Kritik
Außenminister Frank-Walter Steinmeier wies die Kritik an der Haltung der Bundesregierung zurück. "Wir nehmen uns weiter die Freiheit, über Fehlentwicklungen in der Türkei, über Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit zu reden. Das kann auch jeder hören, der zuhören will", sagte er dem "Tagesspiegel". Er rate dazu, das Interesse der Türkei an dem Abkommen und der damit verbundenen Visa-Freiheit nicht zu unterschätzen. "Die Türkei weiß, was zu tun ist."
Die Bedingungen der EU für die Visafreiheit seien bekannt und mit der Türkei ausgehandelt, sagte der SPD-Politiker. "Der Ball liegt jetzt im türkischen Spielfeld. Ankara muss uns sagen, wie es gedenkt, die offenen Fragen zu beantworten."
Dem Abkommen zufolge nimmt die Türkei nach Griechenland übergesetzte Migranten zurück. Für jeden zurückgeschickten Syrer darf ein anderer Syrer aus der Türkei legal in die EU einreisen. Teil des Abkommens ist auch die Visafreiheit für türkische Bürger, die in die EU reisen wollen. Voraussetzung für die Gewährung der Visafreiheit ist aber unter anderem die von Ankara abgelehnte Reform der Anti-Terror-Gesetze. Der türkische Präsident Erdogan hat damit gedroht, das Abkommen platzen und Flüchtlinge wieder Richtung EU reisen zu lassen.
"Die Arbeit haben andere gemacht"
CSU-Chef Horst Seehofer machte unterdessen deutlich, dass aus seiner Sicht das EU-Türkei-Abkommen keinerlei Einfluss darauf hat, dass die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge seit Monaten sinkt. "Es kommen weniger Asylbewerber, weil die Balkanroute von Mazedonien und Österreich dicht gemacht wurde", sagte Seehofer der "Welt am Sonntag". "Die Arbeit haben andere gemacht. Wir profitieren ausschließlich von den Entscheidungen Österreichs und der Balkanstaaten." Das von Merkel vorangetriebene EU-Türkei-Abkommen sei erst danach geschlossen worden.
CSU-Chef Seehofer sieht keinen Einfluss des EU-Türkei-Abkommens auf die sinkenden Flüchtlingszahlen.
Seehofer bekräftigte seine Warnung, sich in der Flüchtlingskrise eng an die Türkei zu binden. Er sei zwar nicht gegen Gespräche. "Aber ich halte es für gefährlich, sich so von Ankara abhängig zu machen."