Streit um Status syrischer Flüchtlinge "Schutz nicht auf deutsche Familien beschränkt"
Die Union drängt darauf, den Status syrischer Flüchtlinge zu begrenzen. Doch die SPD sperrt sich: Der Schutz der Familie gelte nicht nur für Deutsche, so Familienministerin Schwesig. Die Grüne Göring-Eckardt kritisiert die Unions-Forderung als "humanitär absurd".
Die SPD hat sich erneut gegen die die Pläne von CDU und CSU ausgesprochen, den Familiennachzug für syrische Flüchtlinge auszusetzen. Der Schutz der Familie stehe weit oben und sei nicht auf deutsche Familien beschränkt, sagte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig im Deutschlandfunk.
Wenn man den Nachzug einschränke, würden männliche Flüchtlinge sofort ihre Frauen und Kinder auf den Weg nach Deutschland mitnehmen. So werde weder der Zustrom begrenzt noch die Situation an den Grenzen entschärft, sagte die SPD-Politikerin.
Schwesig verwies zudem auf die Beschlüsse des letzten Koalitionsgipfels: Sie verlasse sich auf das Wort von Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier, dass sich an der bisherigen Praxis nichts ändere. Schwesig forderte von der Union, in der Regierung erst einmal das umzusetzen, was beschlossen wurde, "und nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben".
Kritik auch aus der Opposition
Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt kritisierte die Pläne von CDU und CSU. Diese seien praktisch und humanitär absurd. Wenn Kinder und Frauen nicht mehr nachgeholt werden dürfen, werde das dazu führen, "dass noch mehr Frauen und Kinder sich auf die unsicheren Boote begeben werden und wir dann wahrscheinlich noch mehr Menschen zu beklagen haben, die im Mittelmeer verunglücken oder gar sterben", sagte Göring-Eckardt im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
Eine weitere Folge sei, dass die bereits in Deutschland angekommenen Familienväter eine "wahnsinnige Unruhe haben werden", fügte die Grünen-Politikerin hinzu. "Das wird dazu führen, dass wir eine weitere Krisensituation auch hier im Land haben." Die Folgen der Pläne seien also "verantwortungslos", kritisierte sie. "Wir sollten uns darauf einstellen, dass wir die, die kommen, hier integrieren und sofort damit anfangen."
Der Deutsche Kinderschutzbund warnte ebenfalls davor, den Familiennachzug für syrische Frauen und Kinder auszusetzen. Sollte es den Angehörigen von Flüchtlingen verboten werden nach Deutschland zu kommen, stelle dies einen "glatten Bruch aller Menschen- und Kinderrechte" dar, sagte Kinderschutz-Präsident Heinz Hilgers der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Hilgers widersprach der Behauptung, Frauen und Kinder in Syrien wären nur in Einzelfällen gefährdet. "Jeder weiß, was die Terrormiliz IS mit Frauen und Kindern in Syrien macht".
Unions-Unterstützung für de Maizière
Zahlreiche Unionspolitiker sprachen sich allerdings erneut für den Vorstoß von Innenminister Thomas de Maizière aus, den Schutzstatus von syrischen Flüchtlingen einzuschränken. "Wir werden, ohne Deutschland zu umzäunen, ohne unser Land abzuschotten, insgesamt zu einer Steuerung und Begrenzung der Flüchtlingszahlen kommen müssen", sagte der CDU-Vizevorsitzende Thomas Strobl dem "Handelsblatt". "Dabei werden wir um Einschränkungen beim Familiennachzug nicht herumkommen."
Seine Stellvertreter-Kollegin Julia Klöckner erklärte in der "Rheinischen Post": "Das Asylrecht ist ein Recht für den Einzelnen, nicht für ganze Nationen. Es bedarf daher konsequenterweise auch einer Einzelfallprüfung."
"Wieder mündliche Anhörungen?"
Zuletzt hatte sich erstmals auch Kanzlerin Angela Merkel in die Debatte um den Schutzstatus syrischer Flüchtlinge eingeschaltet. Sie betonte, dass für die Mehrheit der syrischen Flüchtlinge weiterhin der Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention gelten solle.
Der sogenannte subsidiäre Schutz mit eingeschränktem Nachzugsrecht für Familienangehörige gelte nur für einen kleinen Teil der Flüchtlinge, sagte die CDU-Chefin. Im Moment stehe die Frage im Raum, ob es künftig wieder mündliche Anhörungen von Syrern geben werde, um über ihren Schutzstatus zu entscheiden.
Wer in Deutschland einen Asylantrag stellt, erhält unter Umständen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingsschutz ist dies der Fall, "wenn sein Leben oder seine Freiheit in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist."
Einen eingeschränkten Status - "subsidiären Schutz" - erhalten dagegen Menschen, die nicht unter die Genfer Flüchtlingskonvention oder das deutsche Grundrecht auf Asyl fallen. Sie müssen zwar nicht in die Heimat zurück, etwa weil ihnen dort Todesstrafe oder Folter drohen oder Bürgerkrieg herrscht. Anders als Menschen mit Asyl- oder Flüchtlingsstatus bekommen sie aber zunächst nur eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, die verlängert werden kann.