G7-Justizminister-Treffen Kriegsverbrecher bestrafen - aber wie?
Das Massaker in Butscha, Angriffe auf zivile Ziele: Seit Monaten wird Russland vorgeworfen, in der Ukraine Kriegsverbrechen zu begehen. Justizminister Buschmann hat zu einem G7-Treffen eingeladen. Was kann man da bewirken?
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) war das erste deutsche Kabinettsmitglied, das im April in die Ukraine reiste. In Butscha, einem Vorort von Kiew, wurde sie mit den schlimmsten Gräueln des Kriegs konfrontiert.
Nach dem Abzug der russischen Truppen waren dort mehr als 400 Leichen von Bewohnerinnen und Bewohnern gefunden worden. Männer und Frauen, die auf dem Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen ermordet wurden, oft mitten auf der Straße. "Diese Opfer, auch das spürt man hier so eindringlich: Diese Opfer, das könnten wir sein", stellte Baerbock damals sichtlich schockiert fest.
Wir sind es diesen Opfern schuldig, dass wir hier nicht nur gedenken, sondern dass wir die Täter zur Verantwortung ziehen.
Morde und Massaker an verschiedenen Orten in der Ukraine
Russische Truppen sollen seit Kriegsbeginn auch an anderen Orten in der Ukraine Morde und Massaker verübt haben - was die Führung in Moskau durchweg bestreitet. Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft führt mehr als 40.000 Verfahren im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen. Die Ermittlungsarbeit ist schwierig und aufwendig, mitten im andauernden Krieg.
Beweise sammeln, Zeugen befragen, Angaben zu Opfern zusammentragen - und Spuren sichern, die zu den Tätern führen: In den umkämpften und von Russland besetzten Gebieten ist das vor Ort kaum möglich. Auch Fachleute aus dem Ausland und Nichtregierungsorganisationen sind im Einsatz, um Kriegsverbrechen zu dokumentieren. Die Vorwürfe richten sich überwiegend gegen russische Truppen. Es gibt auch Fälle, in denen die ukrainische Armee beschuldigt wird.
Bundesregierung will bei der Koordination helfen
Die Bundesregierung will helfen, die Untersuchungen besser zu koordinieren. Deshalb hat Justizminister Buschmann seine Kollegen aus den anderen G7-Staaten zu Beratungen nach Berlin eingeladen. "Die Verfolgung der Kriegsverbrechen ist ein trauriger Anlass für dieses neue Format", sagt Buschmann. Das Treffen findet heute und morgen im Auswärtigen Amt statt.
Buschmann weist darauf hin, dass es viele Jahre brauchen werde, Tausende von Hinweisen auszuwerten und dann als gerichtlich verwertbare Beweise digital vorzuhalten - und zwar über Jahrzehnte. Denn bei Kriegsverbrechen gibt es keine Verjährung.
Verbrechen landen in Den Haag
Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen könnten später vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag geahndet werden. Aber auch von nationalen Gerichten in der Ukraine - und nach dem "Weltrechtsprinzip" auch im Ausland, sogar vor deutschen Strafgerichten. Es könnte auch ein internationales Sondertribunal geschaffen werden, um über Verantwortliche für den russischen Angriffskrieg zu urteilen.
Auch darüber wird die G7-Runde in Berlin beraten. Als Gäste eingeladen sind der ukrainische Justizminister Denys Maljuska und der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Karim Ahmad Khan.
Wer kann bestraft werden - wer nicht?
Wird man die Täter wirklich eines Tages vor Gericht stellen können? Buschmann zeigte sich auf einer Veranstaltung seines Ministeriums Anfang November sicher, dass am Ende auch "der höheren russischen Führungsebene" vor dem Internationalen Strafgerichtshof der Prozess gemacht werde.
Fachleute halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass der russische Präsident Wladimir Putin oder Außenminister Sergej Lawrow persönlich belangt werden. Doch unterhalb dieser Ebene, zum Beispiel bei befehlsgebenden Soldaten, könnte das gelingen. Davon geht auch Buschmann aus, wenn er ankündigt, Täter zu verhaften, wenn sie nach Europa kommen.
Wir werden ein Russland nach Putin aber auch auffordern, mutmaßliche Kriegsverbrecher nach Den Haag auszuliefern.
Bei ihrem Besuch im April in Butscha hatte Außenministerin Baerbock versprochen, die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Es ist ein großes Versprechen, um zumindest etwas Gerechtigkeit zu schaffen. Und um das Recht durchzusetzen, das auch in einem Krieg gilt.