Flugblatt-Affäre Schuster von Aiwangers Entschuldigung nicht überzeugt
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Schuster, ist von der Entschuldigung Aiwangers in der Flugblatt-Affäre nicht überzeugt. Ob es in einer zukünftigen Koalition weiterhin einen stellvertretenden Ministerpräsidenten Aiwanger geben werde, sei abzuwarten, sagte er in den tagesthemen.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat sich im Interview mit den tagesthemen irritiert über die Jubelrufe gezeigt, die der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger auf dem Volksfest Gillamoos bekommen hat. Er sei deshalb irritiert, weil Aiwanger die Forderung von Ministerpräsident Markus Söder Reue und Demut zu zeigen, nicht erfüllt habe.
Aiwanger habe sich zwar entschuldigt, aber es sei nicht ganz klar, für was eigentlich, so Schuster. Darüber hinaus habe er den Fragenkatalog "mehr als dürftig" beantwortet. "Ich habe eigentlich erwartet und erhofft, dass Aiwanger zu seinen Verfehlungen, auch wenn sie viele Jahre zurückliegen, ganz klar steht. Das wäre der richtige Weg gewesen, um eine solche Debatte auch abschließen zu können."
Bei einem Treffen mit Aiwanger, das Söder vorgeschlagen habe, würde er diesem sehr deutlich machen, dass die Opfer-Täter-Umkehr, die dieser eingeschlagen habe, "überhaupt nicht geht".
Die Entscheidung Söders, an Aiwanger festzuhalten, könne Schuster zum jetzigen Zeitpunkt verstehen. Aiwanger hätte sonst eventuell in einer Art Märtyrer-Funktion noch mehr Stimmen für die Freien Wähler bei der Landtagswahl einfangen können. Gegebenenfalls hätte davon auch eine Partei wie die AfD profitieren können. Es bleibe aber abzuwarten, ob Aiwanger auch in einer zukünftigen Koalition auf seinem Posten als stellvertretender bayerischer Ministerpräsident bleibe.
Knobloch lehnt Aiwangers Entschuldigung ab
Zuvor hatte die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden und heutige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, eine Entschuldigung Aiwangers abgelehnt. Der Freie-Wähler-Vorsitzende habe sich bei ihr gemeldet, sagte sie im Deutschlandfunk. "Ich habe ihm meine Meinung zu ihm, zu seiner Person ganz klar erklärt. Ich habe die Entschuldigung nicht angenommen."
Knobloch sagte aber auch, dass sie die Entscheidung von Ministerpräsident Söder, Aiwanger im Amt zu belassen, akzeptiere. Söder habe politisch entschieden - insofern stehe sie hinter dem Ministerpräsidenten. Aiwanger hätte eine Entlassung im Wahlkampf ausgenützt und hätte damit wohl auch Erfolg gehabt, so Knobloch.
Sinti und Roma kritisieren Aiwanger
Auch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma kritisierte Aiwanger scharf. Seine Entschuldigung im Umgang mit einem antisemitischen Flugblatt sei nicht ernst gemeint, erklärte der Zentralrat in Heidelberg. Stattdessen stelle sich Aiwanger als Opfer einer Kampagne dar; dies sei inakzeptabel und zynisch. Eine weitere Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen sei zu befürchten.
Der Zentralrats-Vorsitzende Romani Rose sprach von einer gesellschaftspolitischen Klimaveränderung. Deren Ziel sei eine Stärkung von Rechtsextremismus und Nationalismus. Alle demokratischen Kräfte müssten einer Verharmlosung der NS-Verbrechen entgegentreten.
Freier-Wähler-Fraktionschef verteidigt Aiwanger
Aiwanger wird vom Fraktionschef der Freien Wähler im bayerischen Landtag, Florian Streibl, verteidigt. Wenn man mit solchen Vorwürfen überzogen werde, sei das eine "wahnsinnige Belastung für einen Menschen", sagte er im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.
Die Entscheidung von Söder, Aiwanger im Amt zu belassen, hält Streibl für notwendig. "Alles andere wäre nach meiner Meinung nicht verhältnismäßig." Er hoffe, dass man jetzt wieder zur Tagesordnung übergehen könne, das Land habe andere Probleme als das, was vor 35 Jahren auf einer Schultoilette passiert ist, so Streibl.