Bindende EU-Verträge Bund bestellt ausschließlich BioNTech-Impfstoffe
Wer sich im Herbst gegen das Coronavirus impfen lassen möchte, hat laut einem Bericht kaum Auswahl beim Impfstoff: Wegen Verträgen mit der EU dürfe der Bund nur das BioNTech-Vakzin beschaffen. Das Gesundheitsministerium widerspricht.
BioNTech statt Moderna - in der neuen Impfkampagne gegen Corona bezahlt der Bund einem Bericht zufolge nur noch den Impfstoff von BioNTech/Pfizer, aber nicht mehr den von anderen Herstellern. Verträge der EU mit den Herstellern BioNTech/Pfizer verpflichteten Deutschland, "in diesem Jahr 17,5 Millionen und in den zwei Folgejahren je 15 Millionen Impfdosen in Mehrfachdosenbehältern abzunehmen", sagte der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, der "Rheinischen Post".
"Nur dieser Impfstoff wird vom Bund bezahlt", sagte Preis und kritisierte, dass die fehlende Wahlmöglichkeit bei den Corona-Impfstoffen zu Diskussionen in Apotheken und Arztpraxen führen werde. Das werde Zeit kosten und fördere nicht die Impfbereitschaft. Eine hohe Impfquote sei aber wünschenswert, weil weitere Mutationen zu erwarten seien.
Andere Impfstoffe nur für Selbstzahler
Branchenkreise bestätigen demnach das BioNTech-Privileg: "Es ist Moderna und anderen Anbietern faktisch nicht mehr möglich, ihre angepassten Covid-19-Impfstoffe bis Ende 2027 über das reguläre Versorgungssystem anzubieten", sagte ein Branchenkenner der "Rheinischen Post".
Dies schließe Patienten vom Zugang zu Impfstoffen von Herstellern ohne zentralen Beschaffungsvertrag aus - es sei denn, sie zahlen das Vakzin selbst.
Bundesgesundheitsministerium widerspricht
Das Bundesgesundheitsministerium wiederum widerspricht der Darstellung, dass nur noch BioNTech zu Verfügung stünde. Auch der Impfstoff des Herstellers Moderna sei vorhanden und zwar in einer Menge von mehr als 10 Millionen Dosen. Wenn dieser ärztlich verordnet werde, würde dieser auch geliefert und bezahlt, sagte ein Sprecher des Ministeriums dem ARD-Hauptstadtstudio. Allerdings habe Moderna noch keine Zulassung für die neue Impfstoff-Generation, die an die Entwicklung des Corona-Virus angepasst ist.
Beim Hersteller BioNTech ist bereits der neue, angepasste Impfstoff zugelassen. Für den Fall, dass auch Moderna einen angepassten Impfstoff mit Zulassung habe, könne dieser auch ärztlich verordnet und von Krankenkassen bezahlt werden, so das Bundesgesundheitsministerium.
EU-Kommission: Impfstoff-Strategie "gemeinsame Politik"
Auch aus Sicht der EU-Kommission ist die Darstellung nicht zutreffend. Eine Sprecherin der Kommission verwies darauf, dass die Impfstoff-Strategie "gemeinsame Politik" sei: "Kommission und Mitgliedstaaten entscheiden zusammen, wie viele Impfstoffe benötigt werden. Sie verhandeln gemeinsam die Verträge und verfolgen auch kontinuierlich die Lage, also ob mehr Impfstoffe oder andere Liefermodalitäten benötigt werden."
Hausärzte befürchten Mehraufwand wegen fehlender Einzeldosen
Bei der Impfkampagne könnten indes weitere Schwierigkeiten drohen: Der Deutsche Hausärzteverband hatte sich gegenüber dem "Spiegel" kritisch zu den Mehrfachdosenbehältern von BioNTech geäußert. "Wir werden wieder im organisatorischen Overkill enden, wenn wir jedes Mal, wenn eine BioNTech-Impfung notwendig ist, entweder schnell fünf weitere Impflinge organisieren, die Impfung verschieben oder fünf Impfdosen wegschmeißen müssen", sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende.
Der Impfstoff wird in Fläschchen ausgeliefert, die sechs Dosen enthalten. BioNTech teilte auf Anfrage mit, es liefen Vorbereitungen für die Einführung von Einzeldosen des angepassten Impfstoffs in verschiedenen Märkten, unter anderem den USA. Ein genaues Datum gebe es dafür noch nicht.