Angriffe in Zügen Mehr Sicherheitsmaßnahmen gefordert
Nach dem Messerangriff in einem Zug in Schleswig-Holstein fordern Fahrgastverband und Lokführergesellschaft mehr Videoüberwachung in Zügen. Damit könnten Taten nicht immer verhindert, aber Täter ausfindig gemacht werden.
Der Fahrgastverband Pro Bahn und die Gewerkschaft Deutscher Lokführer GDL sprechen sich für mehr Sicherheitsmaßnahmen in Zügen aus. Die Forderung bezieht sich auf den Messerangriff in einem Regionalexpress im schleswig-holsteinischen Brokstedt mit zwei Toten und mehreren Verletzten am Mittwoch.
"Wir fordern einen flächendeckenden Ausbau der Videoüberwachung in allen Waggons", sagte der Pro-Bahn-Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann den "Lübecker Nachrichten". Damit könne Kriminalität nicht immer verhindert werden, es helfe aber, die Täter zu fassen, so Naumann. "Und das ist insbesondere für die Opfer von hoher Bedeutung."
Am Mittwoch hatte ein Angreifer in einem Regionalzug auf Strecke von Kiel nach Hamburg zwei Menschen erstochen und fünf weitere verletzt. Der Tatverdächtige, ein staatenloser Palästinenser, war der Polizei bereits bekannt. Der 33-Jährige war erst wenige Tage zuvor aus der Untersuchungshaft entlassen worden.
Zahl der Gewalttaten in und an Zügen verdoppelt
Die GDL will sich den "Lübecker Nachrichten" zufolge mit der schleswig-holsteinischen Verkehrsgesellschaft Nah.SH treffen, um zu beraten, welche Konsequenzen der Angriff nach sich ziehen soll. "Wir fordern schon seit langem mehr Sicherheitsmaßnahmen in den Zügen", sagte der GDL-Bezirksvorsitzende Hartmut Petersen der Zeitung.
Alle neueren Regionalzüge, die seit 2015 im Einsatz sind, haben bereits Videotechnik eingebaut, sagte Dennis Fiedel von Nah.SH den "Kieler Nachrichten". Der RE70, in dem der Messerangriff stattfand, war jedoch ein Ersatzzug ohne Videoaufzeichnung.
Die Zahl der erfassten Gewalttaten mit Messern in Zügen und auf Bahnhöfen hat sich einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2021 mehr als verdoppelt. Die Bundespolizei habe 336 solcher Taten registriert. Allein in Zügen sei die Zahl der registrierten Messerattacken von 44 auf 82 gestiegen.
Insgesamt seien dem Bericht zufolge 398.848 Straftaten verzeichnet worden - zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Darunter seien 14.155 Körperverletzungen gewesen. In den Zügen selbst seien 82 Messerangriffe gezählt worden, 97 Übergriffe mit anderen gefährlichen Werkzeugen und fünf Angriffe mit Waffengewalt. Die Zahl bei Sexualstraftaten sei von 697 auf 857 gestiegen.
Faeser: "Dieser Frage muss sich die Justiz stellen"
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte der "Bild am Sonntag": "Ich verstehe jeden, der sich fragt, warum dieser Gewalttäter so schnell wieder frei kam und ob alles getan wurde, um zu prüfen, ob er eine Gefahr für andere war." Die SPD-Politikerin forderte erneut, dass geprüft werden müsse, ob der Mann hätte ausgewiesen werden können. Dieser Frage müsse sich die Justiz stellen.
Der Resozialisierungsexperte Bernd Maelicke wirft der Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina im "Hamburger Abendblatt" vor, das 2019 beschlossene Hamburger Gesetz zu Resozialisierung und Opferschutz (ResOG) ignoriert zu haben. Das Gesetz soll verhindern, dass Ex-Häftlinge in ein "Entlassungsloch" fallen, sobald sich die Gefängnistore öffnen. Gallina trage als Senatorin die Verantwortung, so Maelicke.