Fahimi zum Tag der Arbeit "Braune Hetzer in Schranken verweisen"
Am heutigen Tag der Arbeit hat die DGB-Chefin Fahimi die Rolle der Gewerkschaften hervorgehoben. Zudem rief sie dazu auf, die extremen Rechten zu stoppen. Von der SPD forderte sie, den Sozialstaat zu verteidigen.
Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, hat am heutigen 1. Mai die Rolle der Gewerkschaften für die Demokratie hervorgehoben. Zudem rief sie dazu auf, extrem Rechte zu stoppen. "Gewerkschaften, das ist der solidarische Zusammenschluss der Beschäftigten, um eine selbstorganisierte Macht zu entfalten - unabhängig von Regierungen", sagte Fahimi bei der Hauptveranstaltung des DGB zum Tag der Arbeit in Hannover.
Allerdings sei diese Macht den erstarkenden politischen Kräften am rechten Rand ein Dorn im Auge. "Warum? Weil Unabhängigkeit und Macht aus eigener Kraft immer im Widerspruch stehen zu den autoritären Allmachts- und Kontrollphantasien der rechten Ideologen", unterstrich sie vor rund 2.500 Zuhörerinnen und Zuhörern auf dem Klagesmarkt in Hannover. Bundesweit fanden nach DGB-Angaben 450 Veranstaltungen mit rund 330.000 Teilnehmenden statt.
Fahimi betont Rolle der Gewerkschaften
Fahimi betonte, der 1. Mai sei stets auch ein Tag der Mobilisierung gegen Kräfte, die demokratischen Werten entgegenstehen. "Wir Gewerkschaften müssen und werden alles in unserer Kraft Stehende tun, um die extrem Rechten zu stoppen und ihr spaltendes Treiben zurückzudrängen", sagte Fahimi und rief dazu auf, im Bündnis mit Sozial- und Umweltorganisationen, mit Kultur- und Sportverbänden sowie den Religionsgemeinschaften Flagge zu zeigen, "so lange, bis diese braunen Hetzer in ihre Schranken verwiesen worden sind".
Fahimi hob ferner die Wirksamkeit der Gewerkschaften für gute Arbeitsbedingungen hervor. "Wir bleiben die Schutzmacht der Beschäftigten", sagte sie. Allein im vergangenen Jahr hätten die DGB-Gewerkschaften für rund elf Millionen Beschäftigte neue Tarifverträge verhandelt.
Für den Sozialstaat eintreten
In diesem Jahr stehe der Tag der Arbeit unter der Überschrift "Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit!" Dies bedeute, sich weiterhin einzusetzen für gute Bezahlung und faire Teilhabe am Wohlstand, für sichere Arbeitsplätze und "eine Arbeit, die Luft lässt für Familien und ein gutes Leben". Auch der Erhalt eines Sozialstaates mit hochwertiger Gesundheitsversorgung, umfassenden Bildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten sowie auskömmlichen Renten fordere unablässiges Engagement.
Die DGB-Vorsitzende sagte, dass in Deutschland jährlich zwischen 1,3 und 2 Milliarden Überstunden geleistet würden, weit mehr als die Hälfte davon unbezahlt. Angesichts dessen sei es "respektlos", wenn einige darüber fabulierten, man müsse den Menschen "Lust auf Arbeit" machen. "Dann wird so getan, als wären die Beschäftigten in Deutschland faul und wenig leistungsbereit - und das geht an jeder Realität vorbei", kritisierte Fahimi.
Fahimi nimmt Reiche ins Visier
Die ehemalige SPD-Generalsekretärin forderte von den Sozialdemokraten, die sozialpolitischen Errungenschaften in Deutschland auch gegenüber den Ampel-Partnern zu verteidigen. "Es läuft gerade eine gefährliche Generaldebatte zum Sozialstaat an", sagte sie. "Viele, die so gern über das Bürgergeld reden, wollen in Wahrheit den Sozialstaat diskreditieren und verhindern, dass über die wahren Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft gesprochen wird", sagte Fahimi dem Nachrichtenmagazin Spiegel. Die SPD müsse viel stärker und mit einfachen Worten sagen, wodurch sie sich eigentlich von den anderen Parteien unterscheidet.
Fahimi warnte: "In der Krise graben einige, die nie ihren Frieden mit dem Sozialstaat gemacht haben, alte neoliberale Ideen aus. Von der SPD erwarte ich insofern, dass sie ihre Angebote für Wirtschafts- und Arbeitspolitik stärker herausarbeitet und nicht nur Abwehrkämpfe führt." Über manche Fragen werde kaum geredet. Etwa: "Was tragen Einkommensmillionäre eigentlich zum Gemeinwohl bei? Warum gilt für die Hälfte der Beschäftigten immer noch kein Tarifvertrag?"
"Es ist offenbar einfacher und manchmal auch gezielte Ablenkung, einen Konflikt in der Bevölkerung zu schüren, den es so gar nicht gibt: Du musst arbeiten gehen, während ein anderer von deinem Geld faul auf dem Sofa liegt", sagte Fahimi. "Statt Bürgergeld- und Mindestlohnempfänger gegeneinander auszuspielen, sollten wir darauf schauen, mit welch absurd hohen Vermögen einige in Saus und Braus leben."
IGBCE-Chef appelliert an Arbeitgeber
Bei einer Kundgebung In Köln betonte der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE), Michael Vassiliadis, die Arbeitgeber müssten sich ihrer sozialen Verantwortung stellen und die Reallohnverluste der Beschäftigten stoppen. "Die Inflation hat sich beruhigt, die Konjunktur zieht an: Jetzt ist die Zeit, den Menschen dauerhaft Kaufkraft zurückzugeben", sagte Vassiliadis. Das sei auch volkswirtschaftlich sinnvoll.
Die Reallöhne seien auf das Niveau von 2016 zurückgefallen, die Binnennachfrage liege am Boden, so Vassiliadis. Dieser "dramatische Trend" müsse umgekehrt werden.
Weil mahnt gute Arbeitsbedingungen an
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil appellierte an die Arbeitgeber, für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen. "Ich habe kein Verständnis dafür, dass immer mehr Unternehmen Tarifflucht begehen. Das ist in Zeiten von Fachkräftemangel und enormer Arbeitsverdichtung kurzsichtig und schadet uns allen", sagte der SPD-Politiker bereits am Dienstag in Hannover.
Weil hob mit Blick auf den Tag der Arbeit das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes hervor. Es garantiere die Bildung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden und lege damit die Basis für die Tarifautonomie. Er betonte, die tiefgreifenden Veränderungsprozesse in vielen Branchen ließen sich nur gemeinsam mit den Beschäftigten und den Gewerkschaften erfolgreich gestalten.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil warnte zum Tag der Arbeit vor Sozialkürzungen. "Der 1. Mai ist der Tag der Solidarität - wir lassen uns nicht auseinandertreiben", sagte der SPD-Politiker dem Berliner Tagesspiegel. "Gerade zum Tag der Arbeit kann man nicht genug betonen: Ich lasse es nicht zu, dass Arbeitnehmerrechte rasiert und der Sozialstaat geschleift werden."