Demos in Essen Massive Proteste gegen AfD-Parteitag
Tausende Menschen demonstrieren in Essen gegen den Bundesparteitag der AfD. Mit Blockaden und Störaktionen haben einige von ihnen versucht, Delegierte an der Anreise zu hindern. Die Polizei meldet erste Festnahmen.
Vor Beginn des AfD-Bundesparteitags in Essen haben Aktivisten versucht, die Anreise von Delegierten zu verhindern. In der Umgebung des Veranstaltungsorts, der Grugahalle, besetzten Demonstranten Straßen und Kreuzungen, wie die Polizei mitteilte.
Mehrere AfD-Bundestagsabgeordnete berichteten, sie seien von der Polizei am Hotel abgeholt und zum Veranstaltungsort gebracht worden. Einige wurden einzeln unter starkem Polizeischutz zur Halle geleitet, bedrängt von Demonstranten. Andere Delegierte gelangten völlig unbehelligt zur Grugahalle.
"Demonstranten haben sich teilweise vermummt"
Laut Polizei kam es zu mehreren gewalttätigen Aktionen von AfD-Gegnern. "Demonstranten haben sich teilweise vermummt und Einsatzkräfte angegriffen", hieß es. Es habe bereits mehrere Festnahmen gegeben. Die Polizei appellierte an Demonstranten, "sich von Gewaltaktionen und Störern fernzuhalten".
Einen ersten Zusammenstoß zwischen Demonstranten und Polizei hatte es bereits am frühen Morgen gegeben, als eine größere Personengruppe versuchte, eine Absperrung zu überwinden. Die Polizei unterband dies nach eigenen Angaben mit dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken. Mehrere Rettungswagen seien angefordert worden.
Wie der WDR-Reporter Rupert Wiederwald berichtete, durchbrach umgekehrt auch ein AfD-Politiker eine Polizeiabsperrung. Er sei auf eine Demonstrantin zugegangen und habe diese bespuckt.
Bis zu 100.000 Demonstranten erwartet
Die Polizei ist mit mehreren tausend Einsatzkräften und mit Wasserwerfern rund um den Veranstaltungsort präsent. Die Grugahalle ist weiträumig abgesperrt. Der anliegende Stadtteil Rüttenscheid kann nur noch eingeschränkt betreten werden.
Zu Gegendemonstrationen und -veranstaltungen werden am Wochenende bis zu 100.000 Menschen aus ganz Deutschland und dem Ausland erwartet, darunter rund 1.000 Linksextremisten. Einen ersten friedlichen Protest hatte es bereits am Freitagabend unter dem Motto "Bass gegen Hass" gegeben. An der Rave-Demo beteiligten sich laut Polizei rund 5.000 Menschen. Viele trugen Plakate mit Botschaften wie "Nazis raus" oder "Hass hat keinen Platz in Essen".
Wirtschaftsexperten warnen vor AfD-Bestrebungen
Kritik an der AfD wird aber nicht nur auf den Straßen laut: Im Handelsblatt warnten Wirtschaftswissenschaftler vor Bestrebungen einflussreicher AfD-Politiker, sich von der EU und den USA abzukehren und sich stärker nach Russland und China zu orientieren. Ein solcher Kurs "dürfte zu erheblicher politischer und ökonomischer Verunsicherung beitragen und auch langfristig mit großen Risiken einhergehen", sagte Oliver Holtemöller, Vize-Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, der Zeitung.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sagte, sich stärker nach Russland und China zu orientieren, wäre der "größte Fehler", den Deutschland politisch und wirtschaftlich machen könne. "Dies würde Deutschlands Abhängigkeit von China weiter erhöhen, autokratische Regime stärken und die Demokratie in Europa schwächen." Die Behauptung, Deutschland gewinne an Souveränität, indem es Europa schwäche und wichtige Kompetenzen auf nationale Ebene verlagert, sei "naiv und grundfalsch".
Auch für den Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, führen die Vorschläge der AfD "so oder so wirtschaftlich in die Irre". Die EU sei bei aller Unterschiedlichkeit der Mitglieder "ein Hort der Stabilität, der Demokratie und des Friedens", sagte er dem Handelsblatt. "Das sind wichtige Bedingungen des ökonomischen Erfolgs."
Mit Informationen von Jan Koch, WDR