Berufsförderung für junge Arbeitslose Lernort zwischen Schule und Beruf
Kein Schulabschluss, lange arbeitslos: Einige Jugendliche haben einen schweren Start ins Berufsleben. Von Jobcentern geförderte Projekte zur Integration können dabei helfen - doch genau da kürzt die Bundesregierung.
Dominic Hoppe steht in der Küche eines Tagungshauses in Herzogenrath und schnibbelt Gemüse fürs Abendessen. Vor einigen Jahren wäre das noch undenkbar gewesen. Der 27-Jährige hatte über viele Jahre hinweg privat mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Nach seinem Hauptschulabschluss war er zwei Jahre lang arbeitslos.
Nun hat er Fuß gefasst. In Herzogenrath arbeitet er als Servicekraft, dazu gehören auch Hilfsarbeiten als Koch. Beim Schritt ins geregelte Berufsleben hat ihm eine sogenannte Produktionsschule geholfen - ein Lernort zwischen Schule und Beruf. Das Angebot richtet sich an junge Menschen, die Probleme haben, aus eigener Kraft in den Arbeitsmarkt zu kommen.
Orientierung für junge Menschen
Für Hoppe war die Produktionsschule im Nachhinein betrachtet Gold wert. "Das war eine Maßnahme, die ich gebraucht habe. Vor allem, weil ich dadurch wieder eine Routine hatte, einen Ort, an den ich morgens hingegangen bin", sagt er. In der Produktionsschule habe er gelernt, dass er aus eigenem Antrieb heraus Zeit und Energie investieren müsse, um etwas in seinem Leben zu erreichen.
Auch im Leben von Diana Berkele hat die Produktionsschule vieles zum Positiven verändert. Die 21-Jährige ging mit 15 Jahren ohne Abschluss von der Hauptschule ab. Familiäre und psychische Probleme während der Corona-Zeit drohten, sie komplett aus der Bahn zu werfen. "Ich hatte Probleme über Probleme und wusste gar nicht, wo ich anfangen soll. Das war meine größte Schwierigkeit, dass ich das Gesamtbild gesehen habe, und dieser Sack an Problemen immer wieder auf mich eingeprasselt ist", sagt sie rückblickend.
Weniger Geld für Jobcenter
Über eine Freundin bekam Berkele Kontakt zur Produktionsschule. Dort konnte sie ihren Schulabschluss nachholen, erhielt Unterstützung bei Wohnungs- und Jobbewerbungen. Und das mit großem Erfolg: Heute macht sie eine Ausbildung zur Fliesenlegerin, wohnt in ihrer eigenen Wohnung und hat ein geregeltes, selbstständiges Leben.
Doch die Unterstützung, die für Berkele und Hoppe so hilfreich war, steht nun auf der Kippe. Denn die Bundesregierung will bei den Jobcentern sparen. 500 Millionen Euro weniger sind für deren Arbeit im Bundeshaushalt für das kommende Jahr vorgesehen. Befürchtet wird, dass sich das vor allem auf Projekte zur Integration von jungen Langzeitarbeitslosen negativ auswirkt - Projekte wie die Produktionsschule in Herzogenrath.
Zudem sollen in Zukunft nicht mehr die Jobcenter, sondern die Arbeitsagentur für die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen zuständig sein. "Durch diesen Umbruch im System könnten Nachteile entstehen. Vor allem dann, wenn die Arbeitsagentur nicht ausreichend Personal gewinnen sollte, das die Expertise in der Beratung und Betreuung von jungen Menschen in besonderen Lebenslagen über Jahre aufgebaut hat", sagt Brigitte Schels vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
Wie stark die Konsequenzen für betroffene Arbeitslose sein werden, hänge letztendlich aber von der konkreten politischen Ausgestaltung ab. Und die ist noch nicht ganz klar.
Dass es individuelle Berufsförderung vor Ort gibt, betrachten Experten wie Schels als großen Gewinn: "Wir brauchen das Zusammenspiel von unterschiedlichen Akteuren, damit noch weniger Menschen durch die Lücken fallen, die es in unserem Bildungs- und Arbeitsmarkt-System manchmal gibt."
Brandbrief an Lindner und Heil
Die Produktionsschule in Herzogenrath gehört zum Verein ProArbeit. Dort befürchten sie, dass die Umstellung vor allem zulasten der jungen Menschen gehen wird. Gibt es noch weniger Geld, droht dem Projekt das Aus. "Das macht mich rasend. Wir haben eine top Zusammenarbeit mit den Jobcentern und arbeiten Hand in Hand. Das zu zerstören, halte ich für grob fahrlässig", sagt Christina Hermann von ProArbeit.
Auch Hoppe fände es schade, wenn es die Produktionsschule in Zukunft in der Form nicht mehr geben sollte. "Weil sie ein Beispiel dafür sind, was aus Menschen werden kann, wenn man bereit, ist etwas zu investieren", sagt er.
Noch will der Verein ProArbeit nicht aufgeben. Gemeinsam mit anderen Projekten wollen sie einen Brandbrief an Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nach Berlin schicken. Sie hoffen, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und sie ihre Arbeit für junge Menschen fortsetzen können.