Finanzen der Kommunen Wenn Sparen kaum noch möglich ist
Finanzminister Lindner gibt heute bekannt, welche Steuereinnahmen Bund, Länder und Kommunen zu erwarten haben. Doch trotz Mehreinnahmen laufen vielen Kommunen die Kosten davon.
Weitere Belastungen will Burkhard Mast-Weisz (SPD) seinen Bürgerinnen und Bürgern eigentlich nicht mehr zumuten. In diesem Jahr kommt er aber nicht drum herum. "Leider müssen wir die Grundsteuer erhöhen", sagt der Oberbürgermeister von Remscheid in Nordrhein-Westfalen.
Zwar führt die Inflation zu höheren Steuereinnahmen, für die Stadt steigen aber auch die Ausgaben. "Höhere Gehälter, Energiekosten, Baukosten, all das schlägt komplett durch", sagt Mast-Weisz.
Allein der aktuelle Tarifabschluss im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen ist eine hohe Belastung. Die Städte und Gemeinden zahlen ihren Beschäftigten ab diesem Jahr einen einmaligen Inflationsausgleich von insgesamt jeweils 3000 Euro. Im kommenden Jahr steigen die Tariflöhne dann um durchschnittlich ungefähr elf Prozent.
Gladbeck in Nordrhein-Westfalen beispielsweise, eine Stadt mit etwa 78.500 Einwohnern, rechnet für das kommende Jahr mit zusätzlichen Personalkosten von 4,4 Millionen Euro. In Düsseldorf (ca. 650.000 Einwohner) kalkuliert die Stadtverwaltung mit 46 Millionen Euro Mehrkosten.
Sparen oder noch mehr Schulden machen?
Kommunen, die ohnehin schon hoch verschuldet sind, stellt das vor besondere Probleme. Remscheids Oberbürgermeister Mast-Weisz weiß nicht, wo er überhaupt noch kürzen soll. An Bildung will er nicht sparen, das betont er immer wieder. Kultureinrichtungen seien in seiner Stadt schon geschlossen worden, noch mehr kürzen will er in diesem Bereich nicht: "Ich will die Stadt und ihre Attraktivität nicht kaputtsparen."
Ähnliche Sorgen plagen Apostolos Tsalastras. Er ist im ebenfalls hoch verschuldeten Oberhausen Stadtkämmerer, also so etwas wie der Finanzminister der Stadt: "Was Steuererhöhungen angeht, haben wir bereits heute den höchsten Gewerbesteuerhebesatz und einen relativ hohen Grundsteuerhebesatz", so Tsalastras. "Augenblicklich sind wir gezwungen, kurzfristig eine höhere Verschuldung in Kauf nehmen zu müssen".
Wie genau sich die verschärfte Finanzlage der Kommunen auf den Alltag auswirken wird, steht vielerorts noch nicht fest. Werden Schwimmbäder geschlossen? Bleiben Straßen oder Schule länger unsaniert? Konkrete Maßnahmen werden ungern angekündigt, bevor sie beschlossen sind. Die Verantwortlichen wollen ihre Bürgerinnen und Bürger nicht schon im Vorfeld aufschrecken.
Remscheids Oberbürgermeister Mast-Weisz hat wenig Spielraum, zu sparen.
"Gehälter im öffentlichen Dienst nicht konkurrenzfähig"
Trotz der Finanzprobleme werden die Gehaltssteigerungen für die Beschäftigten von vielen Städten durchaus begrüßt. Zum einen geht es dabei um Wertschätzung für die Mitarbeitenden vor dem Hintergrund gestiegener Lebenshaltungskosten. Daneben spielt aber auch das Eigeninteresse der kommunalen Arbeitgeber eine Rolle - sie brauchen Fachkräfte.
"Insbesondere bei den Spezialberufen, wie etwa im Ingenieurswesen und im Medizinbereich, sind die Gehälter im öffentlichen Dienst nicht konkurrenzfähig", sagt etwa Kerstin Wittmeier, Personaldezernentin bei der Stadt Duisburg. "Stellen bleiben trotz größter Bemühungen um Arbeitskräfte unbesetzt."
Tarifabschluss stärkt untere Einkommensgruppen
Die Mechanik des Tarifabschlusses sorgt allerdings dafür, dass die Gehälter gerade für solche Fachkräfte unterdurchschnittlich steigen werden. Das liegt daran, dass nur ein Teil der Erhöhung prozentual erfolgt, also 5,5 Prozent mehr Gehalt für jeden Beschäftigten. Der andere Teil besteht aus einem Sockelbetrag von pauschal 200 Euro pro Monat, den vom Busfahrer bis hin zur Ingenieurin alle bekommen. Für höhere Gehaltsgruppen sind 200 Euro prozentual gesehen aber weniger wert als für Geringverdiener.
Ziel ist es, untere Einkommensgruppen zu stärken, insbesondere da diese von der Inflation besonders heftig getroffen sind. Bei der Suche nach Fachkräften könnte dieser Mechanismus aber zum Problem werden. "Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert gewesen, eine weitere Stauchung der Entgelttabelle zu vermeiden", teilt dazu die Stadt Monheim mit, die zu den finanzstärksten Kommunen in NRW gehört und sich höhere Gehälter für Spitzenkräfte also durchaus leisten könnte.
Größere Sparmaßnahmen stehen in Monheim offenbar nicht an: "Alle geplanten Projekte und Investitionen können wie geplant weiter verfolgt werden", heißt es von der Stadt.
Hilfe bei Altschulden gefordert
Sparzwänge gibt es zwar auch in reicheren Kommunen, in hoch verschuldeten Städten wie Remscheid ist der Druck aber sehr viel größer. Oberbürgermeister Mast-Weisz glaubt nicht, dass seine Stadt ihren Schuldenberg alleine wird abtragen können. Er fordert deshalb Hilfe von Land und Bund, gerade auch vor dem Hintergrund steigender Kreditzinsen.
Die Ampelkoalition hat im Koalitionsvertrag zwar festgehalten, dass sie die Kommunen bei ihren Altschulden entlasten will. Viel getan hat sich seitdem aber nicht. Sollte es auch weiterhin keine Altschuldenregelung geben, werde Remscheid die Grundsteuer im kommenden Jahr ein weiteres Mal erhöhen müssen, sagt der Oberbürgermeister. Attraktiver wird seine Stadt dadurch nicht.