Ampel einigt sich Kompromiss im Streit um Pflegereform
Heftig ist über den von Gesundheitsminister Lauterbach vorlegten Entwurf zur Pflegereform gestritten worden. Nun scheint die Koalition einen Kompromiss gefunden zu haben. Doch zufrieden sind noch immer nicht alle.
Im Streit um die Ausgestaltung der Pflegereform haben sich die Regierungsparteien auf einen Kompromiss geeinigt. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios soll die Zusammenlegung der Leistungen für die Kurzzeit- und die Verhinderungspflege zu einem flexibel nutzbaren Budget doch wieder in die Reform aufgenommen werden. Sie war zuvor aus dem Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach gestrichen worden. Zunächst hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland darüber berichtet.
Zur Gegenfinanzierung der Kosten in Höhe von rund 500 Millionen Euro soll die für 2025 geplante Dynamisierung aller Pflegeleistungen von fünf auf 4,5 Prozent abgesenkt werden. Bei der geplanten fünfprozentigen Steigerung der ambulanten Leistungen im kommenden Jahr bleibt es hingegen.
Macht die private Pflegeperson Urlaub oder ist sie durch Krankheit oder aus anderen Gründen vorübergehend an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegeversicherung für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege, der sogenannten Verhinderungspflege, für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr.
Die vollstationäre Kurzzeitpflege kann in Anspruch genommen werden, wenn die häusliche Pflege zeitweise nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann. Die Leistung der Pflegeversicherung für die Kurzzeitpflege unterscheidet sich betragsmäßig nicht nach Pflegegraden, sondern steht allen Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 in gleicher Höhe zur Verfügung.
Quelle: Bundesgesundheitsministerium
Höherer Beitragsatz mit kinderabhängiger Differenzierung
Der Bundestag will die Pflegereform in dieser Woche beschließen. Sie sieht unter anderem eine Anhebung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung um mindestens 0,35 Prozent vor, um die laufenden Defizite in Milliardenhöhe zu decken.
Zugleich wird die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts nach einer stärkeren Differenzierung des Beitragssatzes je nach Kinderzahl umgesetzt. Lauterbach erwartet Mehreinnahmen von sechs Milliarden Euro.
FDP hatte Entwurf gekippt
Die Einführung eines flexibel nutzbaren Budgets war bereits im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Das Vorhaben war jedoch auf Druck der FDP kurz vor der Beschlussfassung des Gesetzentwurfs im Kabinett wieder gekippt worden. Das wiederum sorgte für heftige Kritik bei den Grünen sowie bei Pflege- und Sozialverbänden.
Nun bleibt es laut Redaktionsnetzwerk Deutschland dabei, dass für die Verhinderungspflege (bisherige Leistung: bis zu 1612 Euro) und die Kurzzeitpflege (bis zu 1774 Euro) künftig ein Gesamtbudget von 3386 Euro zur Verfügung steht, das die Anspruchsberechtigten nach ihrer Wahl flexibel für beide Leistungen einsetzen können.
Kritik an Plänen zur Gegenfinanzierung
Patientenschützer lobten zwar das flexible Budget, kritisierten aber die geplante Gegenfinanzierung. Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, schon die eigentlich geplante Anhebung um fünf Prozent ab 2024 sei ein Bruch politischer Versprechen gewesen.
Schließlich habe die Regierung der Bevölkerung die Zusage gegeben, eigentlich im Jahr 2022 die Leistungen regelhaft an die Preissteigerung anzupassen. "Selbst wenn jetzt das gemeinsame Entlastungsbudget für die Verhinderungs- und Kurzzeitpflege kommen soll, dürfen andere Minimalzusagen der Koalition dafür nicht geopfert werden", mahnte Brysch. "Es ist an die Vernunft der Abgeordneten zu appellieren, diese Reform so nicht zu beschließen."