
Rede zum Internationalen Frauentag Steinmeier sieht Rückschritt bei Gleichberechtigung
Frauen und Männer sind gleichberechtigt - so steht es im Grundgesetz. In der Realität sieht es oft anders aus, darauf macht der Internationale Frauentag aufmerksam. Es gebe wieder mehr Frauenfeindlichkeit, warnt der Bundespräsident.
Anlässlich des Internationalen Frauentags an diesem Samstag hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Rückschritte bei der Gleichberechtigung bemängelt. "Gerade viele Männer, häufig auch junge Männer, suchen jetzt verstärkt Halt in traditionellen Rollenbildern", sagte Steinmeier in einer Rede im Schloss Bellevue.
"Global erleben wir, wie populistische Parteien den Eindruck erwecken wollen, Gleichstellung sei so etwas wie eine fixe Idee progressiver Kräfte", sagte Steinmeier. Große Tech-Unternehmen, die lange stolz auf ihre Modernität gewesen seien, stellten auf das politische Kommando einer neuen amerikanischen Administration hin Diversitätsprogramme ein und schwärmten von einer neuen "maskulinen Energie" in Unternehmen und Gesellschaft.
"Frauenfeindlichkeit steigt, besonders im Netz"
"Wir erleben, wie auch bei uns Frauenfeindlichkeit steigt, besonders im Netz", so Steinmeier. "Wie Frauen schlimmste Anfeindungen erfahren, Hass, weil sie Frauen sind." Immer öfter zögen sich Frauen als Konsequenz daraus zurück, zum Beispiel als Bürgermeisterinnen oder Abgeordnete.
Der Bundespräsident kritisierte auch den sinkenden Anteil weiblicher Abgeordneter im Bundestag nach der Wahl. "Die Frauen im Deutschen Bundestag haben - rechnerisch jedenfalls - keine Sperrminorität mehr", bemängelte er. "Wenn unsere Demokratie ein Frauenproblem hat, dann hat unser Land ein Demokratieproblem." Der Frauenanteil im neu gewählten Bundestag liegt bei 32,4 Prozent - das sind laut Bundestag 2,3 Prozentpunkte weniger als zuvor.
"Regierung muss ein Vorbild in Sachen Gleichstellung sein"
Wie jedes Jahr am 8. März wird an diesem Samstag am Internationalen Frauentag an die strukturelle Ungleichbehandlung von Frauen erinnert. Mehrere Organisationen rufen die Politik zu wirksameren Maßnahmen für mehr Gleichberechtigung auf.
"Unverzichtbar sind Investitionen in die Infrastruktur: Bedarfsdeckende Angebote für Kinderbetreuung und mehr Unterstützung bei der häuslichen Pflege sind notwendig, um Frauen mehr Erwerbsarbeit zu ermöglichen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken", erklärte etwa die Vizechefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Elke Hannack.
Die Chefin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, sprach sich vor dem Hintergrund der laufenden Sondierungen für einen ausreichenden Anteil von Frauen im künftigen Kabinett aus. "Gerade die Regierung muss ein Vorbild in Sachen Gleichstellung sein", erklärte Bentele. "Doch noch immer sind Frauen in Führungspositionen, in Unternehmen und politischen Ämtern, deutlich unterrepräsentiert." Frauen müssten an politischen Entscheidungen "gleichberechtigt partizipieren können".
Die Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, Beate von Miquel, betonte: "Wo demokratische und frauenpolitische Errungenschaften fundamental angegriffen und Frauen in alte Rollen gepresst werden sollen, wird eine ambitionierte Gleichstellungspolitik für jede neue Bundesregierung zur Pflicht."