Zugausfälle, Sturmböen, Hochwasser Sturmtief "Zoltan" trifft Deutschland mit voller Wucht
Kurz vor Weihnachten fegt ein schwerer Sturm über Deutschland. Vor allem im Norden kommt es zu großen Problemen im Bahnverkehr, Fähren fallen aus und Weihnachtsmärkte bleiben geschlossen. An den Küsten wird vor Sturmfluten gewarnt.
Das heftige Sturmtief "Zoltan" zieht über Deutschland hinweg und hinterlässt dabei zahlreiche Schäden. Für die Nordseeküste sowie für Hamburg besteht die Gefahr von Hochwasser. Im Hamburger Elbgebiet warnte die Polizei für den Vormittag vor einer schweren Sturmflut. Die Wasserstände werden dann nach Angaben des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) auf etwa drei Meter über dem mittleren Hochwasser steigen. Das betroffene Gebiet sollte laut Polizei gemieden werden.
Auch für die ostfriesische Küste sowie das Wesergebiet sagen die Expertinnen und Experten vom BSH schwere Sturmfluten vorher. Dort sollen die Hochwasser am Vormittag und Mittag bis zu drei Meter über dem mittleren Wert liegen. An der nordfriesischen Küste werden Wasserstände von bis zu 2,50 Meter über dem mittleren Hochwasser erwartet. Als schwer gilt eine Sturmflut ab einem Wasserstand von 2,50 Meter über dem mittleren Hochwasser.
Bahnverkehr beeinträchtigt
Der Bahnverkehr ist vom Sturm bereits seit Donnerstag heftig betroffen. Es gibt im Regional- und Fernverkehr zahlreiche Ausfälle und Verspätungen aufgrund der Sturmschäden. "Teilweise können Beschädigungen erst bei Tageslicht abschließend beurteilt werden", hatte ein Bahnsprecher am Abend mitgeteilt.
Heute kommt es zu weiteren Verspätungen und Zugausfällen im Fernverkehr. Bahnstrecken im Norden seien besonders stark betroffen, schreibt die Bahn auf ihrer Internetseite. Zu Ausfällen oder Verspätungen könne es etwa auf den Verbindungen zwischen Hamburg und Frankfurt sowie Hamburg und München kommen. Auch ICE- und IC-Züge zwischen Köln und Kassel entfallen zunächst. In Marienhafe, Norden, Norddeich und Norddeich Mole halten den Angaben zufolge keine ICE- und IC-Züge. Betroffen sind auch die EC-Zugstrecken in Hamburg und Schleswig-Holstein.
Auch im Regionalverkehr gab es schon am Donnerstag witterungsbedingte Verspätungen und Ausfälle, die in der Nacht anhielten. Bei Hamburg wurde der Verkehr auf einigen Strecken eingestellt.
Zugbindung entfällt
Alle Fahrgäste, die ihre geplante Reise wegen des Sturmtiefs verschieben müssen, können ihr Ticket laut Bahn zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Die Zugbindung ist aufgehoben. Das Ticket gelte für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenlos storniert werden.
Aufgrund der bevorstehenden Weihnachtsfeiertage seien die Fernverkehrszüge bereits sehr stark ausgelastet, teilte die Bahn weiter mit. Fahrgäste sollten sich vorab - etwa über die Internetseite oder die Navigator-App - über die Auslastung der Fernverkehrszüge informieren und wenn möglich zu Randzeiten fahren.
Sturmschäden in Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen rückten Hilfs- und Rettungskräfte zu zahlreichen Einsätzen aus. So gingen bei der Polizei in Bonn etwa 76 Notrufe wegen umgestürzter Bäume und beschädigter Autos ein. Der Sturm führte zu massiven Schäden an den Dächern vieler Häuser. Im Kölner Stadtteil Poll wurde eine Photovoltaik-Anlage komplett heruntergerissen. Eine Lagerhalle wurde großteils abgedeckt, Trümmerteile landeten auf dem Bahndamm und Oberleitungen, was zu Beeinträchtigungen im Bahnverkehr führte. Noch in der Nacht begannen Technische Dienste der Deutschen Bahn damit, die Schäden an den Oberleitungen zu beheben.
Mehrere Verletzte
In Sachsen-Anhalt stürzten in der Nacht wegen des stürmischen Wetters zahlreiche Bäume um, Äste und Verkehrsschilder brachen ab. In Salzwedel und Gommern (Landkreis Jerichower Land) wurden zwei Menschen leicht verletzt, wie die Polizei Stendal am Morgen mitteilte.
In Salzwedel war ein Transporter laut Polizei durch den starken Wind von der Straße abgekommen und in Gommern ein Baum auf ein Auto gestürzt. Im Harz ist zwischen Elend und Sorge laut Polizei Magdeburg die B242 wegen der Gefahr durch Sturmschäden bis zum 26. Dezember vorsorglich gesperrt.
Ein Autofahrer prallte in Fahrdorf in Schleswig-Holstein gegen einen auf der Fahrbahn liegenden Baum und wurde schwer verletzt.
In Kleve in Nordrhein-Westfalen wurde ein 58-Jähriger beim Versuch, einen umgestürzten Baum von einer Straße zu räumen, von einem Auto erfasst und ebenfalls schwer verletzt. Er kam laut Polizei zur Behandlung in ein Krankenhaus. Im nordrhein-westfälischen Overrath prallten gleich mehrere Autos gegen einen umgestürzten Baum. Zwei Menschen wurden verletzt, einer schwer. Auch in Paderborn wurden nach den Angaben der Polizei zwei Menschen verletzt.
Weihnachtsmärkte bleiben geschlossen
Die orkanartigen Böen ließen nicht nur Bäume auf Gleise stürzen, sondern auch etwa auf Straßen. Weihnachtsmärkte blieben geschlossen oder schlossen früher und Fähren fielen aus - wie etwa die Fahrten zwischen Rostock und Gedser in Dänemark. Darüber hinaus musste in Schleswig-Holstein die Fehmarnsundbrücke nach Polizeiangaben vollständig gesperrt werden.
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) sprach für das ganze Bundesland eine Hochwasserwarnung aus. Vielerorts würden erste Flüsse über die Ufer treten und forst- und landwirtschaftliche Flächen überschwemmen.
Auf einem Weihnachtsmarkt in Belgien wurde eine Frau von einem etwa 20 Meter hohen Tannenbaum erschlagen. Das Nadelholz habe am Donnerstagabend einer starken Windböe nicht standgehalten, berichtete die Nachrichtenagentur Belga. Der Baum stürzte auf drei Personen, von denen eine wenig später im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen erlag. Die Unglücksstelle auf dem Weihnachtsmarkt in der Stadt Oudenaarde wurde nach dem Unfall abgesperrt und untersucht.
Ganz Deutschland betroffen
"Zoltan" sorgt auch heute weiter für kräftigen Wind an der Küste. Im Tagesverlauf soll der Wind etwas nachlassen, in den Abendstunden dann aber wieder zunehmen, sagte Anne Wiese, Meteorologin beim Deutschen Wetterdienst (DWD), der Nachrichtenagentur dpa. Am Abend sind laut DWD orkanartige Böen mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde möglich. In der zweiten Nachthälfte soll der Wind etwas abnehmen, am Samstagabend dann wieder kräftiger werden, allerdings nicht mehr so stark wie heute.
In exponierten Lagen auf Helgoland und an der Nordseeküste sowie auf Fehmarn in der Ostsee warnte der Deutsche Wetterdienst (DWD) vor Windstärken der Stufen 11 und 12 . Auf X, vormals Twitter, schrieb der Dienst, die Böigkeit habe im Zuge des Sturmfeldes von "Zoltan" deutlich zugelegt.