Geflüchtete aus der Ukraine Gute Ausbildung, doch selten Arbeit
Trotz einer guten Ausbildung sind viele Geflüchtete aus der Ukraine nicht erwerbstätig in Deutschland. Eine Studie zeigt jedoch, dass die Quote steigt und auch die Lebenszufriedenheit der Zugewanderten.
Seit dem Überfall Russlands sind rund eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Trotz eines hohen Bildungsniveaus hat bislang lediglich jede fünfte der zugewanderte Person im Haupterwerbsalter eine Arbeit gefunden. Das geht aus den vorläufigen Ergebnissen der Wanderungsstatistik und Vorabergebnissen des Mikrozensus hervor, die das Statistische Bundesamt in Wiesbaden veröffentlichte.
Die Statistiker bezifferten die Nettozuwanderung aus der Ukraine im Jahr 2022 und im ersten Halbjahr 2023 auf rund eine Million Menschen. 61 Prozent dieser Menschen waren den Angaben nach weiblich; zählt man nur die Erwachsenen, waren es sogar 69 Prozent.
15 Prozent aller Eingewanderten waren alleinerziehend, und 25 Prozent waren Kinder eines alleinerziehenden Elternteils. Damit lebten zusammengerechnet 40 Prozent der Menschen aus der Ukraine in Alleinerziehenden-Familien - in der deutschen Gesamtbevölkerung waren es nur acht Prozent.
Hohes Bildungsniveau bei Geflüchteten
"Bemerkenswert ist bei den aus der Ukraine eingewanderten Personen der hohe Anteil von akademischen Bildungsabschlüssen", hieß es. 45 Prozent der 25- bis 59-Jährigen wiesen demnach einen akademischen Berufsabschluss einer Fachhochschule oder Universität nach, 28 Prozent einen nicht-akademischen Berufsabschluss. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung Deutschlands verfügen nur 27 Prozent dieser Altersgruppe über einen akademischen Abschluss.
"Trotz eines hohen Bildungsniveaus war lediglich jede fünfte aus der Ukraine zugewanderte Person im Alter von 25 bis 59 Jahren erwerbstätig", hieß es zudem. Von den Männern und Frauen in dieser Haupterwerbsphase arbeiteten lediglich 19 Prozent. Zum Vergleich: Die Erwerbstätigenquote in der Gesamtbevölkerung liegt in dieser Altersgruppe mit 85 Prozent mehr als viermal so hoch.
Bei den aus der Ukraine eingewanderten Frauen lag die Erwerbstätigenquote mit 14 Prozent noch deutlich unter der von Männern mit 30 Prozent. Die Aufnahme einer Beschäftigung sei vor allem für Mütter mit Kleinkindern schwieriger.
Erwerbstätigkeit steigt im Jahresvergleich
Im Vorjahresvergleich ist die Erwerbstätigkeit unter den ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland jedoch laut einer Studie gestiegen. Wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) mitteilte, wuchs die Erwerbstätigkeitsquote vom Sommer 2022 bis zum Sommer dieses Jahres im Durchschnitt von 16 Prozent auf 23 Prozent angewachsen. Dabei stieg die Erwerbstätigkeit der Ukrainerinnen in Deutschland von 15 Prozent auf 21 Prozent, die der ukrainischen Männer von 22 Prozent auf 29 Prozent.
Dabei übt nach den Worten von Andreas Ette, Mitautor der Studie, rund die Hälfte der erwerbstätigen ukrainischen Flüchtlinge eine minder qualifizierte Tätigkeit aus als zuvor in der Heimat. Dennoch seien die höher qualifizierten und geringer qualifizierten Tätigkeiten annähernd ausgeglichen vertreten, sodass der Berufsstatus der Flüchtlinge aus der Ukraine im Durchschnitt höher sei als der von Flüchtlingen aus anderen Ländern.
Deutschkenntnisse verbessern sich
Das BIB stellte erstmals eine umfangreiche Studie zur Lebenssituation, zu Gesundheit, Zufriedenheit und Bleibeperspektiven der Ukrainer vor. Grundlage der Studie waren drei Online-Befragungen im Sommer 2022 sowie Anfang 2023 und im Sommer 2023.
Demnach haben sich auch die Deutschkenntnisse der Menschen aus der Ukraine zwischen Sommer 2022 und 2023 deutlich verbessert. Laut der Studie gibt inzwischen die Hälfte der Befragten an, ihre Kenntnisse lägen zwischen "es geht" und "gut" - das sind 33 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor. Grundlage sei der starke Besuch der Sprach- und Integrationskurse. Im Frühjahr 2023 hätten drei Viertel der ukrainischen Flüchtlinge einen Sprachkurs besucht oder abgeschlossen.
Zudem besuchen alle ukrainischen Kinder im schulpflichtigen Alter eine Schule, wie BIB-Direktorin Katharina Spieß sagte. Zugleich nehme etwa ein Fünftel zusätzlich an Online-Schulunterricht in der Ukraine teil. Etwa ein Viertel der bis zu zwei Jahre alten ukrainischen Kinder geht in eine Kita, 70 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen in einen Kindergarten.
Kinderbetreuung und Sprache entscheidend
Laut Spieß zeigten Befragungen, dass mehr Zuwanderinnen und Zuwanderer in Arbeit kämen, wenn sie länger als ein Jahr in Deutschland sind. "Entscheidend für eine Integration in den Arbeitsmarkt sind mehr Kinderbetreuungsangebote und weiteres Engagement für das Lernen der deutschen Sprache".
Insgesamt zeigt die Befragung bei längerer Aufenthaltsdauer steigende Werte bei der Lebenszufriedenheit. Auch die Selbsteinschätzung der Gesundheit verbesserte sich im Lauf der drei Befragungszeiträume. Deutlich werde auch, dass die Ukrainer ihre Lage besser einschätzen, wenn sie aus Gemeinschaftsunterkünften in Wohnungen umziehen können. "Inzwischen lebt nur noch ein kleiner Teil in Unterkünften", sagte Spieß.