Studie zum Arbeitsmarkt Hälfte der ukrainischen Flüchtlinge überqualifiziert
Viele Ukrainer sind wegen des Krieges nach Deutschland geflohen. Fast die Hälfte von ihnen, die hier Beschäftigung gefunden hat, arbeitet laut einer Studie in Berufen, für die sie formal überqualifiziert sind.
Rund 18 Prozent aller erwerbsfähigen ukrainischen Flüchtlinge sind einer Studie zufolge erwerbstätig. Das ist ein Anstieg von einem Prozentpunkt im Vergleich zur ersten Umfrage im Herbst 2022.
Ab einer Aufenthaltsdauer von zwölf Monaten steige die Erwerbstätigenquote "deutlich auf 28 Prozent", teilte das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) heute mit. Weitere 57 Prozent nehmen an Sprachkursen teil oder besuchen Bildungseinrichtungen.
Unterdurchschnittlicher Verdienst
68 Prozent der Geflüchteten im erwerbsfähigen Alter hätten ein Hochschulexamen, weitere 16 Prozent eine Berufsausbildung. Fast die Hälfte der Erwerbstätigen arbeite in Berufen, für die sie formal überqualifiziert sind.
Dazu kommt: Lediglich 39 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten in Vollzeit, während 36 Prozent in Teilzeit und 18 Prozent geringfügig beschäftigt sind, sieben Prozent seien in Ausbildung oder machten ein Praktikum. Die durchschnittlichen monatlichen Verdienste der vollzeitbeschäftigten Ukrainer liegt laut IAB mit 2.550 Euro fast 1.000 Euro unter dem deutschen Durchschnitt.
Trotz ihrer Qualifikationen finden viele von ihnen keine passenden Stellen in Deutschland. Das Nürnberger IAB betont, dass Bildungsabschlüsse, Berufserfahrung und vor allem gute Deutschkenntnisse entscheidend für eine erfolgreiche Integration in den deutschen Arbeitsmarkt seien. Sie erhöhen demnach nicht nur die Chancen auf eine Beschäftigung, sondern wirken sich auch positiv auf die Einkommenssituation aus.
Integrationschancen durch Sprachkurse und gute Kinderbetreuung
Angesichts der hohen Teilnahmequote an Sprach- und Integrationskursen und der ausgeprägten Erwerbstätigkeitswünsche "ist nach Abschluss der Kurse eine beschleunigte Integration zu erwarten", sagt Yuliya Kosyakova, Leiterin des IAB-Forschungsbereichs Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung.
Insbesondere bei Frauen, die 80 Prozent der erwerbsfähigen ukrainischen Flüchtlinge ausmachen und von denen die Hälfte Kinder hat, spiele eine gute Kinderbetreuung eine entscheidende Rolle. Sie führe "zu mehr sozialen Kontakten mit deutschen Familien, fördert die soziale Teilhabe und erleichtert damit auch indirekt den Arbeitsmarktzugang", sagte Kosyakovas Kollege Herbert Brücker. "Die Kinderbetreuung ist ein strukturelles Problem."
Günstige Rahmenbedingungen für Geflüchtete aus der Ukraine
Ukrainische Flüchtlinge unterliegen keinen Beschäftigungsverboten, müssen keine Asylverfahren durchlaufen und sind sie in die Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II (Bürgergeld) integriert.
Die Ergebnisse der Studie basieren auf einer repräsentativen Befragung von rund 6.000 ukrainischen Geflüchteten im erwerbsfähigen Alter von 18 bis 64 Jahren, die sich seit Februar 2022 in Deutschland aufhalten.