Jury gibt Entscheidung bekannt "Remigration" ist Unwort des Jahres 2023
"Remigration" ist zum Unwort des Jahres 2023 gekürt worden. Das Wort sei ein "rechter Kampfbegriff" und eine "beschönigende Tarnvokabel", begründet die Jury ihre Wahl. Auf Platz zwei landete "Sozialklimbim".
Das Unwort des Jahres 2023 lautet "Remigration". Das gab die sprachkritische "Unwort"-Aktion in Marburg bekannt. Der Ausdruck werde von Rechtsextremen beschönigend für die Forderung nach Zwangsausweisungen und Deportationen benutzt.
"Das Wort ist in der Identitären Bewegung, in rechten Parteien sowie weiteren rechten bis rechtsextremen Gruppierungen zu einem Euphemismus für die Forderung nach Zwangsausweisung bis hin zu Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte geworden", begründete die Jury ihre Entscheidung.
Man kritisiere die Verwendung des Wortes, weil es im vergangenen Jahr als "rechter Kampfbegriff, beschönigende Tarnvokabel und ein die tatsächlichen Absichten verschleiernder Ausdruck gebraucht wurde".
AfD-Funktionäre sprechen über "Remigration"
Mit ihrer "Unwort"-Auswahl greift die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern bestehende Jury eine hochaktuelle Debatte auf. Am vergangenen Mittwoch hatte das Medienhaus "Correctiv" Rechercheergebnisse zu einem Treffen in einer Potsdamer Villa veröffentlicht, an dem im November auch einzelne AfD-Funktionäre sowie einzelne Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion teilgenommen hatten. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte der Nachrichtenagentur dpa bestätigt, dass er dort über "Remigration" gesprochen habe.
Wenn Rechtsextremisten den Begriff "Remigration" verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. Die Sprachwissenschaftlerin und Jurysprecherin Constanze Spieß hatte bereits im Dezember berichtet, dass "Remigration" unter den Einsendungen für die "Unwort"-Kür war - also schon vor der nun aktuellen Debatte.
"Sozialklimbim" auf Platz zwei
Auf Platz zwei setzte die Jury den Begriff "Sozialklimbim", der im Zuge der Debatte um die Kindergrundsicherung verwendet worden war. Durch diese Wortwahl werde die Gruppe einkommens- und vermögensschwacher Personen herabgewürdigt und diffamiert und zugleich die Gruppe der Kinder, die von Armut betroffen oder armutsgefährdet seien, stigmatisiert.
Den dritten Platz belegt der Begriff "Heizungs-Stasi". Die Jury kritisierte den mit Blick auf das Gebäudeenergiegesetz verwendeten Ausdruck als "populistische Stimmungsmache gegen Klimaschutzmaßnahmen".
Das Unwort des Jahres wurde nach verschiedenen Kriterien aus Vorschlägen ausgewählt, die Bürgerinnen und Bürger bis 31. Dezember 2023 eingereicht hatten.
Unwort des Jahres 2022: "Klimaterroristen"
Insgesamt gab es dieses Mal 2.301 Einsendungen - deutlich mehr als im vorangegangenen Jahr. Sie enthielten 710 verschiedene Begriffe, von denen knapp 110 den Kriterien der Jury entsprachen.
Als Unwort des Jahres kommen nach Angaben der Verantwortlichen Begriffe und Formulierungen in Frage, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind. Wie häufig ein Begriff vorgeschlagen wurde, ist nicht entscheidend für die Unwort-Kür. Für 2022 war die Wahl auf "Klimaterroristen" gefallen.