Gesundheitsbranche Pflicht für E-Rezept wird verschoben
Ab Januar sollte es das Rezept für Arzneien verpflichtend in digitaler Form geben. Doch die Umstellung wird auf unbestimmte Zeit verschoben. Laut Gesundheitsministerium steht die nötige Technik noch nicht flächendeckend zur Verfügung.
Wer gesetzlich krankenversichert ist und ein Medikament braucht, bekommt vom Arzt den bekannten rosafarbenen Zettel, um diesen anschließend in der Apotheke einzulösen. Ab 2022 sollte das eigentlich anders laufen - nämlich vorrangig digital ohne Papier.
Doch aus der geplanten Pflicht für Ärzte, Kliniken und auch Apotheken, ab Januar auf das sogenannte E-Rezept umzusteigen, wird vorerst nichts. Denn noch hat die elektronische Verschreibung zu große technische Schwierigkeiten. In einem Schreiben vom 20. Dezember begründet das Bundesgesundheitsministerium den Aufschub damit, dass "die erforderlichen technischen Systeme noch nicht flächendeckend zur Verfügung stehen".
Das Schreiben ist an die Gesellschafter der für das E-Rezept zuständigen Firma Gematik gerichtet. Zu dem Unternehmen, das die Umstellung auf das digitale Rezept auf die Beine stellen soll, zählen unter anderem die Bundesärztekammer, der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen sowie das Bundesgesundheitsministerium.
Rezept per App oder als ausgedruckter QR-Code
Geplant ist das E-Rezept schon länger - und daher hat es auch schon eine eigene, von der Gematik betriebene Webseite. Darauf wirbt sie für die Vorteile des Rezepts in Digitalform: unnötige Wege sparen, Rezepte sollen auch für Angehörige eingelöst werden können, eine hohe Sicherheit der Daten. Und Patienten, die per Videosprechstunde ärztlichen Rat in Anspruch nehmen, sollen das Rezept direkt digital zugeschickt bekommen - und nicht wie bisher über den Postweg.
Funktionieren soll das E-Rezept entweder über die eigens dafür entwickelte App, die auch schon zum Download zur Verfügung steht und bereits Zehntausende Male heruntergeladen wurde. Patienten können aber auch einen ausgedruckten QR-Code erhalten. Für privat Versicherte soll es vorerst kein Rezept in digitaler Form geben.
Seit Monatsbeginn wird bundesweit getestet
Um die Umstellung auf das E-Rezept zu testen, war im Sommer ein Pilotversuch in Berlin und Brandenburg gestartet. Im Oktober sollte die Testphase eigentlich auf alle Bundesländer ausgeweitet werden, doch dieser Schritt wurde aufgrund mangelnder bisheriger Erkenntnisse auf Dezember verschoben.
Doch noch im November hielt die Gematik daran fest: Ab 2022 soll das E-Rezept verpflichtend werden - allerdings kam bereits die erste Einschränkung, dass das nur für die Einrichtungen gelte, "die dazu technisch in der Lage sind". Nun folgte das endgültige Abrücken vom geplanten Starttermin.
Technische Lücken dürften Versorgung nicht gefährden
Schon in den vergangenen Wochen hatte es zunehmende Kritik aufgrund der fehlenden Voraussetzungen für die Umsetzung des digitalen Rezepts gegeben. "Die erschreckend geringe Anzahl an erfolgreich ausgestellten E-Rezepten zeigt, dass eine echte und erfolgreiche Testphase fehlt", hieß es etwa vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen. Konkreter wurde Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer: Anfang Dezember seien gerade einmal 42 E-Rezepte ausgestellt und erfolgreich abgerechnet worden.
Die Entscheidung für den Aufschub stößt daher auf Zustimmung. Auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, betonte, keinesfalls dürfe die Versorgung mit Arzneimitteln gefährdet werden, "weil die Technik irgendwie hakt oder Daten falsch übermittelt werden". Enttäuscht zeigte sich hingegen der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Er sieht die Verantwortung dafür, dass das Projekt "auf Grund gelaufen" sei, teilweise auch bei Ärztinnen und Ärzten. Es sei "gerade die Ärzteschaft, die gern an alten Zöpfen zu Lasten der Patientinnen und Patienten festhält", so Brysch.
Neuer Starttermin bleibt offen
Auch die Gematik appellierte an "alle Akteure", sich intensiv an der bundesweiten Testphase zu beteiligen, heißt es in einer Pressemitteilung des Betriebs. Ein Digitalisierungsprojekt wie das E-Rezept könne nur "gemeinsam gelingen".
Ein neuer Termin, ab wann die Pflicht in Kraft treten soll, steht noch nicht fest. Das erste Quartal des kommenden Jahres soll laut Gematik als "Übergangszeitraum" dienen, um Installationen vorzunehmen und Schulungen anzubieten. Das weitere Vorgehen solle in den kommenden Wochen mit den eigenen Gesellschaftern abgestimmt werden.