
Bürgerschaftswahl in Hamburg Das Trostpflaster für die SPD
Hamburg hat gewählt - und SPD und CDU, die beiden Parteien, die voraussichtlich die nächste Bundesregierung bilden werden, atmen erst mal tief durch. Hamburg bringt Beständigkeit in aufwühlenden Zeiten.
Der Nachfolger hat seinem Vorgänger gezeigt, wie es geht. Peter Tschentscher ist wiedergewählt, Olaf Scholz hat das nicht geschafft. Eine Woche nach der katastrophalen Niederlage der Bundes-SPD breitet sich Erleichterung aus bei der SPD, denn immerhin hat Hamburg gezeigt: Die Sozialdemokratie ist noch nicht völlig verloren.
Tschentscher, der zurückhaltende Hanseat, hat nach der Wahl gleich gesagt, dass er als Erklärung für seinen Erfolg den Zusammenhalt in seiner rot-grünen Koalition sieht. Dass man sich nicht gestritten hat, sondern eher still und leise daran gearbeitet hat, Probleme zu lösen. Was er nicht gesagt hat, aber wohl meinte: im Gegensatz zur Ampelkoalition im Bund.
Wähler mögen keinen Streit
Seine bisherige Stellvertreterin, Katharina Fegebank von den Grünen, nannte diese Arbeitsweise sogar "stilbildend" und wahrscheinlich würden ihr da auch Robert Habeck, Annalena Baerbock und die grünen Parteivorsitzenden zustimmen. Allein, es hat im Bund eben nicht geklappt.
Was ist also die erste Schlussfolgerung aus der heutigen Wahl in Hamburg in Verbindung mit der Bundestagswahl vor einer Woche? Wählerinnen und Wähler mögen es nicht, wenn sich Regierungskoalitionen streiten, erst recht nicht, wenn sie es in der Öffentlichkeit tun.
Auffällig war, dass der Hamburger Wahlkampf fast komplett ohne die Berliner Promis gefahren wurde. Die SPD in Hamburg wusste, dass der Noch-Bundeskanzler eher abschreckt als Wählerstimmen bringen würde. Und auch wenn die SPD in dieser kleinen Wahl nach der großen Bundestagswahl ebenfalls Verluste hinnehmen musste, sie hat gezeigt: Noch ist die Sozialdemokratie nicht verloren, wenn sie geschlossen und pragmatisch arbeitet.
In Hamburg wird das Wahlergebnis so interpretiert, dass die deutschen Wählerinnen und Wähler sich in turbulenten, unsicheren Zeiten politische Kontinuität wünschen. Insofern ist die Klatsche, die die Ampel-Parteien eingefahren haben, noch deutlicher zu bewerten. So bewegt die Weltlage auch ist, diesen drei Parteien wollte man eben auf keinen Fall mehr vertrauen.
Merz' Signal nach Hamburg
Noch-nicht-Kanzler Merz hat nicht nur die Bundestagswahl gewonnen, er hat auch ein Signal nach Hamburg ausgesendet. Dass die CDU dort nun die zweitstärkste Partei geworden und an den Grünen vorbeigezogen ist, zeigt einen allgemeinen und bundesweiten Stimmungswandel. Themen wie Innere Sicherheit haben deutlich an Bedeutung gewonnen.
Merz hat noch nichts entschieden, konnte noch keine politischen Weichen stellen, doch dem ziemlich unbekannten CDU-Kandidaten Dennis Thering in Hamburg hat allein das Versprechen, dass es nun verstärkt um Themen wie Wirtschaft, Sicherheit und Migrationsbegrenzung geht, geholfen.
Wenig Empörung und Wut
Fast möchte man angesichts des Wahlergebnisses in Hamburg aus bundespolitischer Sicht darauf verweisen, dass Hamburg als das reichste Bundesland Deutschlands sich gelassene Wahlergebnisse und politische Kontinuität eben leisten kann, dass sich Probleme mit viel Geld eher lösen lassen und politische Ränder unbedeutender werden. Empörung und Wut haben im Bund viele zu ihrer Wahl bewegt, im reichen Hamburg eher wenige.
Diese Tendenz zeigt sich auch in den Wahlergebnissen des BSW, das sehr deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben ist, und dem unterdurchschnittlichen Ergebnis der AfD.
Für das BSW wird es schwerer
Für das BSW bedeutet dieser weitere Misserfolg, dass die junge Partei es bundespolitisch schwerer haben wird, insbesondere, weil noch immer nicht klar ist, ob Sahra Wagenknecht weiter das Aushängeschild und die Vorsitzende ihrer Partei bleiben wird. Sollte sie hinschmeißen, kämen die nächsten Wahlen mit möglichen Erfolgsaussichten erst im Sommer 2026 in Sachsen-Anhalt.
Im Gegensatz dazu konnte die Linke weiter auf ihrer aktuellen Erfolgswelle surfen. Mit Themen wie zu hohen Mieten und einem migrationsfreundlichen Kurs konnte der politische Aufsteiger des Jahres auch in Hamburg punkten und profitierte - ebenso wie im Bund - von enttäuschten Wählerinnen und Wählern von SPD und Grünen.
In Hamburg versucht die CDU nun mit dem kommenden Bundeskanzler Friedrich Merz ihren Wert als möglicher Koalitionspartner aufzuwerten. Das wird wahrscheinlich nicht gelingen. Hamburg bleibt voraussichtlich rot-grün regiert, schwächer als zuvor, aber beständig und gelassen, wie man es sich hier leisten kann - im Gegensatz zu vielen anderen Regionen in Deutschland.