Opposition kritisiert Heizungskompromiss "Klimaschutz mit der Brechstange"
Die Ampel-Regierung will Hausbesitzer beim Umrüsten auf klimafreundliche Heizungen unterstützen. Doch die Opposition sieht die Pläne skeptisch. Unklar sei, wie der Umbau bezahlt werden soll - von einem "Verarmungsprogramm" ist gar die Rede.
Trotz der geplanten Ausnahme- und Übergangsregelungen für das Einbauverbot neuer Gas- und Ölheizungen ab Anfang 2024 kommt von der Opposition weiter Kritik am Vorhaben der Ampel-Koalition. Der klimaschutz- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Andreas Jung, sieht noch viele offene Fragen, über die die Bundesregierung kurzfristig umfassende Transparenz schaffen müsse.
Zu klären sei beispielsweise, ob es für Neubauten tatsächlich ein Verbot für Biomasseheizungen geben solle und ob das Heizen mit Pellets weiter möglich sei. Unklar sei auch die Förderung der Investitionen durch den Staat und die Unterstützung speziell für finanzschwache Haushalte, kritisierte der CDU-Abgeordnete.
"Eine große Enttäuschung"
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Ulrich Lange bemängelte, das Vorhaben werde das Bauen massiv verteuern. "Mit ihren Plänen zum Gebäudeenergiegesetz trifft die Ampel die Menschen in unserem Land, aber auch die Baubranche in Mark und Bein", sagte der CSU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dass die von Wirtschaftsminister Robert Habeck vollmundig angekündigte Förderung weiterhin "völlig nebulös" bleibe, komme noch erschwerend hinzu.
Die Einigung sei für die Bürger eine "große Enttäuschung", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, der "Rheinischen Post". Nach wie vor sei nicht klar, wie der Umbau der Heizungen bezahlt werden solle.
CSU-Generalsekretär Martin Huber warf der Ampel-Koalition vor, "Klimaschutz mit der Brechstange" zu betreiben. "Die Ampel-Pläne sind sozial ungerecht und eine nicht zu verantwortende Belastung, insbesondere für ältere Hausbesitzer", sagte Huber. Die Grünen griff er scharf an: "Klimaneutralität darf nicht zu Altersarmut führen, weil grüner Sanierungszwang die Altersvorsorge auffrisst", erklärte er.
"Horrende Sanierungskosten"
Auch der Linken-Ostbeauftragte Sören Pellmann übte scharfe Kritik an den Plänen der Regierung. "Im Osten stehen demnächst zigtausende Heizungswechsel an, da viele Anlagen in den 90er Jahren eingebaut wurden", sagte der Bundestagsabgeordnete aus Leipzig. "Die Menschen verzweifeln angesichts der horrenden Sanierungskosten, die anfallen werden." Pellmann sprach von einem "Verarmungsprogramm".
Der Staat sollte den Bürgern nicht die Heizung diktieren, sondern klimafreundliche Alternativen am billigsten machen, forderte er. Die soziale Flankierung des Heizungsprogramms sei noch immer unbestimmt. Das sei ein "weiterer Beleg für die soziale Kälte der Ampel".
Beitrag zu den Klimazielen
Die Bundesregierung hatte sich am Freitagabend auf einen Kompromiss beim Umgang mit fossilen Heizungen geeinigt. Der Plan soll dazu beitragen, dass Deutschland ab 2045 klimaneutral wirtschaftet, also keine zusätzlichen Treibhausgase in die Atmosphäre bläst.
Nach Angaben des Bundeswirtschafts- und des Bundesbauministeriums vom Freitag liegt nun ein fertiger und von allen drei Parteien getragener Gesetzentwurf vor. Er soll zeitnah in die Länder- und Verbändeanhörung und anschließend ins Kabinett gehen. Demnach bleibt es im Kern dabei, dass ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss.
Keine Festlegung auf Wärmepumpen
Es soll aber Ausnahmen, Übergangsfristen und eine umfassende Förderung geben. Verzichtet wird den Angaben zufolge auf die ursprünglich vorgesehene Austauschpflicht für funktionierende Öl- und Gasheizungen. Gehen alte Heizungen nach 2024 irreparabel kaputt, kann kurzfristig wieder ein Öl- oder Gaskessel eingebaut werden, um beispielsweise bei einem Ausfall im Winter nicht wochenlang frieren zu müssen.
Dieser muss dann aber binnen drei Jahren um moderne Technik ergänzt werden, um die 65-Prozent-Vorgabe zu erfüllen. Klassische Gas- und Ölheizungen können das nur erreichen, wenn sie etwa in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden. Festgelegt ist deren Einsatz aber nicht, stattdessen gilt Technologieoffenheit. So soll der Einbau von Gasheizungen, die auch mit Wasserstoff betrieben werden können, möglich bleiben.
Die 65-Prozent-Vorgabe gilt beim Einbau neuer Heizungen auch nicht für Hausbesitzer, die über 80 Jahre alt sind. Erst wenn deren Haus vererbt oder verkauft wird, greift das neue Recht - mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren. Eine Härtefallausnahme soll die Wirtschaftlichkeit sein, wenn Gebäudewert und Investitionssummen in keinem angemessenen Verhältnis stehen.
Finanzministerium: Anreize statt Zwang
Das FDP-geführte Bundesfinanzministerium lobte die koalitionsinterne Einigung. Die Beratungen in der Koalition hätten eine Reihe von Verbesserungen gegenüber den ursprünglichen Plänen des Grünen-geführten Wirtschaftsministeriums ergeben, verlautete das Finanzressort: "Statt Zwang setzt die Koalition auf Anreize". Es gebe nun "keinen zusätzlichen rechtlichen Zwang, eine funktionierende Heizungsanlage vorzeitig zu ersetzen".
Zudem werde nun darauf verzichtet, eine "heute sehr teure Technologie wie die Wärmepumpe rechtlich vorzuschreiben". Das Ministerium hob hervor, dass die nun erzielte Einigung Anreize für freiwillige Heizungsmodernisierungen durch Abwrackprämien für alte Anlagen setzt. "Gestaffelt nach Alter der Anlagen können die Besitzer bei Neuanschaffung einen Zuschuss in Form einer Abwrackprämie erhalten", hieß es aus dem Ministerium.
Lang: Soziale Härten abfedern
Die Grünen Co-Vorsitzende Ricarda Lang sprach von einem "Durchbruch bei der Wärmewende". "Nach dem Turbo bei den Erneuerbaren und dem Aus für den fossilen Verbrenner bahnt die Ampel in einem weiteren Sektor den Weg in die Klimaneutralität." Es sei gut, dass das Gesetz nun schnell auf den Weg komme, damit Hersteller und Verbraucher sicher planen könnten.
"Wichtig ist, dass wir soziale Härten abfedern und so die Menschen auf dem Weg wirklich unterstützen. Gemeinsam schaffen wir eine sichere, bezahlbare und zukunftsfähige Wärmeversorgung", sagte Lang.