Ressortchefs von Bund und Ländern Innenminister beraten über Abschiebungen
Sollen Straftäter auch nach Afghanistan abgeschoben werden? Der Kanzler hat sich dafür ausgesprochen - und seine Innenministerin prüft, ob das rechtlich möglich ist. Heute berät sie darüber mit ihren Kollegen aus den Bundesländern.
Nach zwei tödlichen Messerangriffen bestimmt die Migrations- und Asylpolitik die Innenministerkonferenz (IMK) in Potsdam. Bei dem am Nachmittag beginnenden Treffen geht es auch um die umstrittene Forderung, Schwerkriminelle und islamistische Gefährder nach Syrien und Afghanistan abschieben zu können.
Der Vorsitzende der IMK, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), verlangt von der Bundesregierung, es müssten nach der Ankündigung nun "Fakten" folgen. Stübgen hält auch Verhandlungen mit den in Afghanistan herrschenden Taliban für vertretbar. Zudem habe sich die Sicherheit in Syrien verbessert, argumentiert er.
Hamburgs Innensenator: Sicherheitsinteresse Deutschlands geht vor
Auch Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) wirbt für Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien. "Wer hier schwere Straftaten begeht, muss das Land verlassen, auch wenn er beispielsweise aus Afghanistan kommt", sagte der Sprecher der SPD-geführten Länder in der IMK der Nachrichtenagentur dpa. Hier wiege das Sicherheitsinteresse Deutschlands schwerer als das Schutzinteresse des Täters.
Am vergangenen Freitagabend wurde ein Afghane in Wolmirstedt nicht weit von Magdeburg entfernt von Beamten erschossen. Er soll einen 23-jährigen Landsmann erstochen und dann auf einer privaten EM-Gartenparty mehrere Menschen verletzt haben.
In Mannheim hatte am 31. Mai ein Afghane fünf Mitglieder der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizeibeamten mit einem Messer verletzt. Der Polizist starb.
Scholz für erleichterte Abschiebungen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte anschließend angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und sogenannten Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen zu wollen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser prüft, wie das auch ohne eine Wiederaufnahme von Beziehungen zu den regierenden Taliban in Afghanistan beziehungsweise der Regierung von Syriens Präsident Baschar al-Assad funktionieren könnte.
"Wir verhandeln vertraulich"
Faeser will ihre Länderkollegen in Potsdam darüber informieren, wie weit die Bemühungen ihres Hauses gediehen sind. "Wir verhandeln vertraulich mit verschiedenen Staaten, um Wege zu eröffnen, über die Abschiebungen nach Afghanistan wieder möglich werden", sagte die SPD-Politikerin der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Was Afghanistan betrifft, gibt es dazu inzwischen Kontakte zu den Behörden in Usbekistan. Auch für Syrien gelte, "wir reden mit Nachbarländern", sagte sie.
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) fordert den umgehenden Stopp des Bundesaufnahmeprogramms für gefährdete Menschen aus Afghanistan.
Mehrere Länder verlangen eine Verschärfung des Waffenrechts und eine Ausweitung von Waffenverbotszonen. Auch Faeser will das Waffenrecht erneut reformieren. Einige ihrer Vorschläge stoßen jedoch auf Widerstand des Koalitionspartners FDP.
Flüchtlingsorganisationen wollen während der IMK in Potsdam gegen eine verschärfte Migrationspolitik protestieren.