Kultusministerkonferenz Der Weg zum Abi soll einheitlicher werden
Mehr Kurse in Brandenburg als in Berlin: Bildung ist Ländersache und so ist auch der Weg zum Abitur unterschiedlich. Schon lange sollen die Regeln einheitlicher werden. Heute beraten die Kultusminister.
Im Mathe-Leistungskurs der Grund- und Gesamtschule Lehnin in Brandenburg haben sie gerade Analysis. Der Lehrer malt Graphen ans Whiteboard. Die Schülerinnen und Schüler hören aufmerksam zu und schreiben mit, auch Luca Wessels. Sein Abschneiden im Matheleistungskurs ist wichtig für seine Abiturnote.
Um zu verstehen, wie sich die Abiturnote zusammensetzt, braucht es fast einen eigenen Leistungskurs: Neben den Mathe-Ergebnissen und den finalen Prüfungen fließen die Leistungen aus einem weiteren Leistungskurs ein. Dazu kommen acht Fächer, die im Grundkurs unterrichtet werden. Der Schüler hat also zehn Fächer, verteilt über vier Schulhalbjahre. Da es jedes Halbjahr Bewertungen gibt, hat er am Ende 40 Bewertungen, die ins Abi einfließen, von denen er aber noch die schlechtesten zwei streichen kann.
Unterschiedliche Anzahl von Kursen
So kommt die Abiturnote in Brandenburg aus 38 Bewertungen und den Prüfungen zustande. Und das ist in jedem Bundesland anders. In Berlin fließen zum Beispiel nur 32 Bewertungen ein. "Das finde ich schon irgendwie unfair", sagt der Zwölftklässler. Besonders, wenn es um die Vergabe von Studienplätzen geht.
Wenn Luca Wessels fertig ist mit der Schule, will er sich an einer Hochschule in Niedersachsen bewerben. Dann steht er in Konkurrenz mit Abiturienten aus anderen Bundesländern, die ein anderes Abi gemacht haben und deren Noten dennoch mit seinen verglichen werden.
Urteil aus Karlsruhe von 2017
Diese Ungerechtigkeit im föderalen Bildungssystem Deutschlands ist nicht neu. Die Länder sollen das Abitur einheitlicher gestalten - das urteilte schon 2017 das Bundesverfassungsgericht und forderte die Politik zum Handeln auf.
Und das möchte die Kultusministerkonferenz jetzt auch tun - nach sechs Jahren. Aus einem Papier, das dem rbb vorliegt, gehen erste Eckpunkte hervor. Die Schülerinnen und Schüler sollen demnach künftig in den vier Halbjahren der gymnasialen Oberstufe insgesamt 40 Kurse belegen, von denen letztlich 36 in die Abiturnote einfließen.
Unterschiedliches Echo
Das begrüßt der Deutsche Philologenverband: "Die einzubringenden Kursbewertungen machen zwei Drittel der Abiturnote aus", sagt Susanne Lin-Klitzing, die Vorsitzende des Verbandes. "Wohingegen die Abiturprüfung nur ein Drittel ausmacht. Deswegen ist es klug, für den Zwei-Drittel-Bereich eine höhere Vergleichbarkeit bei den Kurseinbringungen zu sichern."
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hingegen sieht die Pläne der Kultusministerkonferenz kritisch. Die bessere Vergleichbarkeit gehe auf Kosten der Flexibilität bei der Ausgestaltung des Abiturs, so GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze. Weitere Verordnungen von oben lehnt sie ab: "Eigentlich müssen wir in eine Richtung gehen, die mehr statt weniger Flexibilität für das Abitur ermöglicht. Schon allein deshalb, weil wir eine heterogene Schülerschaft haben, weil sich die Anforderungen an die Arbeitswelt verändern und weil wir den digitalen Wandel berücksichtigen müssen. Von daher ist es nicht gut, wenn wir innovative Spielräume des Abiturs einschränken."
Weg vom Bildungsföderalismus
Luca Wessels und seine Mitschüler sind mehrheitlich für die Vereinheitlichung. Die würde zu mehr Chancengleichheit bei der Suche nach Studienplätzen führen, sagen sie. Auch ihr Lehrer im Mathe-Leistungskurs, Dirk Lenius, sieht das so: "Wir haben zurzeit sehr unterschiedliche Regelungen in den Ländern. Und ich finde, jeder Schritt, der von diesem Föderalismus im Bildungswesen weggeht, ist ein guter Schritt."