Berufungsverfahren in Münster Gericht lehnt Anträge der AfD ab
Für die AfD geht es am Oberverwaltungsgericht Münster um viel: Darf der Verfassungsschutz die Partei als Verdachtsfall beobachten? Gleich zu Beginn des Berufungsverfahren scheiterten die Anwälte mit mehreren Anträgen.
Mit mehreren Anträgen hat die AfD im Berufungsverfahren der Partei gegen den Verfassungsschutz versucht, eine rasche Entscheidung über ihre Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall zu verhindern. Allerdings scheiterte die Partei damit gleich zu Beginn der Verhandlung am Oberverwaltungsgericht Münster.
Das Gericht lehnte unter anderem einen Antrag gegen die Besetzung des Senats ab. Der Vorsitzende Richter Gerald Buck warf der AfD Rechtsmissbrauch vor. Die Partei habe keine neuen Argumente aufgeführt. Der Antrag sei pauschal und offensichtlich grundlos gestellt worden.
Vertagung kommt nicht in Frage
Auch ein Antrag auf Vertagung der Verhandlung wurde vom Gericht abgelehnt. Diese hatte der Anwalt der AfD, Christian Conrad, damit begründet, dass es nicht möglich gewesen sei, in der Kürze der Zeit auf die im Januar eingereichten rund 4.200 Seiten Dokumente und 116 Stunden Videomaterial entsprechend einzugehen.
Mit der Verlegung der ursprünglich für Ende Februar geplanten Verhandlungstermine war der Senat mit Blick auf das umfangreiche Material bereits einem Antrag der AfD nachgekommen.
AfD forderte Einsicht in Gutachten
Außerdem forderte der Anwalt Einsicht in Gutachten zur AfD aus Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie in eine bislang nicht veröffentlichte neue Einschätzung der Gesamtpartei durch das Bundesamt. Das Gericht behielt sich eine Entscheidung darüber vor.
Die Bevollmächtigten der AfD beantragten außerdem, mehrere Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz als Zeugen zu vernehmen. Der Vertreter des Verfassungsschutzes bezeichnete die umständliche Art des Vortrags der Beweisanträge als "Prozessverschleppung". Der Anwalt der AfD wies den Vorwurf zurück.
Gericht lässt Öffentlichkeit zu
Am Vormittag mussten Beobachter zwischenzeitlich den Gerichtssaal verlassen, weil die AfD für einen bestimmten Punkt, der als nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Inhalte betraf, Medienvertreter und Zuschauer ausschließen lassen wollte.
Dem folgte der Senat nicht. Es sei nicht zu erkennen, warum eine öffentliche Bekanntgabe der Fakten die öffentliche Sicherheit gefährden solle, begründete dieser seine Entscheidung.
Kölner Gericht bestätigte Einstufung
Für die mündliche Verhandlung, die in der Halle des Oberverwaltungsgerichts stattfindet, sind zwei Tage bis Mittwoch angesetzt. Der 5. Senat soll klären, ob das Urteil aus der Vorinstanz am Verwaltungsgericht Köln Bestand hat. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mit Sitz in Köln hatte die AfD sowie die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft.
Die Richter in Köln hatten diese Sicht im März 2022 bestätigt, nachdem die AfD versucht hatte, sich gegen diese Bewertung zu wehren. Entsprechend dürfen Partei und JA seitdem mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden. Gegen das Urteil der ersten Instanz ist die AfD in Berufung gegangen.
Revision ist nicht ausgeschlossen
Wann es ein Urteil am OVG in Münster geben wird, war zunächst noch offen. Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts wäre noch eine Revision möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden müsste.
Der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende, Peter Boehringer, hatte vor Beginn der Verhandlung im Deutschlandfunk auf die Frage, wie die Partei mit einer Niederlage umgehen würde, geantwortet, angesichts des Umfangs der zu klärenden Fragen wäre eine Entscheidung nach maximal zwei Tagen mündlicher Verhandlung alleine schon Grund für eine Revision. Das Bundesverwaltungsgericht würde die Entscheidung des OVG allerdings lediglich auf mögliche Rechtsfehler hin prüfen. Inhaltliche Fragen spielen dort keine Rolle mehr.
Proteste vor dem Gerichtsgebäude
Von der Parteispitze waren der frühere Bundestagsabgeordnete Roman Reusch und Bundesschatzmeister Carsten Hütter in Münster im Gericht.
Begleitet wurde der Verhandlungsauftakt von Protesten gegen die AfD in der Innenstadt. Die Polizei hatte das Gerichtsgebäude weiträumig abgesperrt.