FDP-Blockade bei EU-Richtlinien Eine Partei in der Zwickmühle
Heute stimmen die EU-Länder über das Lieferkettengesetz ab. Wieder mal blockiert die FDP die deutsche Zustimmung, was in Brüssel für Unmut sorgt. Der Ampel-Streit zeigt das Dilemma, in dem sie steckt.
Die FDP hat - wieder - Nein gesagt. Und bekommt dafür jetzt - wieder - den Zorn der Koalitionspartner zu spüren. Von einer ideologisch motivierten Blockade spricht Arbeitsminister Hubertus Heil von der SPD. Deren Generalsekretär Kevin Kühnert spricht von einem schädlichen Gebaren für den Standort Deutschland und die Unternehmen. Und Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen warnt, das Vertrauen auf EU-Ebene zu verspielen.
Es geht um das EU-Lieferkettengesetz. Es soll dafür sorgen, dass Unternehmen Menschenrechts- und Umweltstandards einhalten. Im Ziel richtig, findet auch die FDP. In der Ausgestaltung aber ist das Vorhaben den Liberalen zu bürokratielastig - auch, weil es kleinere, mittelständische Unternehmen treffen würde.
Im Rat der EU-Mitgliedstaaten wird sich Deutschland also enthalten. So hat es der zuständige Arbeitsminister Heil wenig begeistert angekündigt und die FDP dafür verantwortlich gemacht.
FDP grätscht kurz vor knapp dazwischen
Die Liberalen erwecken damit erneut den Eindruck, eine Partei der Neinsager zu sein, wichtige Vorhaben - auch und gerade auf EU-Ebene - auszubremsen: wie etwa auch das Verbrenner-Aus im vergangenen Jahr oder ganz aktuell die CO2-Regelungen für Lastwagen. Und das auch noch kurz vor knapp.
Der Vorwurf aus der SPD lautet: Erst auf den letzten Metern, kurz vor der Abstimmung im Rat der Mitgliedstaaten, da die Zustimmung fast nur noch als Formsache gilt, grätscht die FDP mit ihrem Veto dazwischen.
Doch ist dem so? Die FDP betont, auch im vergangenen Jahr ihren Unmut über die Pläne immer wieder zum Ausdruck gebracht zu haben. Schon damals war die Kritik zu hören: unverhältnismäßige Berichtspflichten und einer Überforderung vieler Unternehmen durch zu viel Bürokratie. Auch intern habe es solche Hinweise gegeben, sagte Justizminister Marco Buschmann jetzt der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Man habe schon im laufenden Prozess immer wieder gewarnt und klar gemacht, dass man da noch Probleme sehe.
FDP befindet sich in einem Dilemma
Also doch nicht wie Kai aus der Kiste? So oder so: Es erscheint fraglich, ob es der FDP geholfen hätte, früher aus den Lieferketten-Verhandlungen auszusteigen. Den Vorwurf, zu blockieren, hätte sie sich wohl auch dann gefallen lassen müssen.
Was also soll sie, was kann sie tun, um aus dieser ihr zugeschriebenen Neinsager-Rolle auszubrechen und den Vorwurf loszuwerden, immer nur zu blockieren? Die FDP befindet sich in einem Dilemma. Sie ist der kleinste Partner in einer Dreierkonstellation - mit den geringsten politischen Schnittmengen mit den beiden anderen Parteien.
Damit tut sie sich oft schwer, ihre Ziele durchzusetzen. Weil ihre Ziele eben oft nicht mit denen von SPD und vor allem den Grünen übereinstimmen - wie etwa bei der Schuldenbremse oder beim Heizungsgesetz. Und dort, wo die FDP mit den Koalitionspartnern dann mal das gleiche Ziel anvisiert - etwa Entlastungen für Unternehmen -, ist man uneins über den richtigen Weg dorthin.
Alternative: Zähneknirschend Kompromisse einzugehen
Das Kalkül: Will die FDP sich und ihren Zielen und Werten treu bleiben, kann sie in dieser Regierung oft nur Nein sagen. Ihre Alternative wäre, zähneknirschend Kompromisse einzugehen - und sich als Konsequenz den Vorwurf gefallen zu lassen, sie verrate ihre Ziele und halte sich nicht an das, was sie den Wählern versprochen hat.
Wäre die Opposition für die Liberalen also doch die bessere Option gewesen? Lieber Kritik von der Seite als Opposition innerhalb der Regierung? FDP-Politiker verweisen darauf, dass man ja auch viel erreicht habe. Ganz aktuelles Beispiel: die Eckpunkte für die Verantwortungsgemeinschaft, die Buschmann in dieser Woche vorgelegt hat.
Ob diese kleinen Erfolgserlebnisse allerdings reichen, bleibt fraglich. Laut ARD-Deutschlandtrend liegt die FDP bei vier Prozent und wäre damit nicht mal mehr im Bundestag vertreten.