Protest von Landwirten Tausende Traktoren behindern den Straßenverkehr
Am fünften Tag der Proteste von Landwirten kam es bundesweit wieder zu Straßenblockaden. Tausende Bauern waren mit Traktoren unterwegs. Die AWO stellte Anzeige wegen einer am Montag blockierten Elbbrücke.
Die Proteste von Landwirten dauern an. Erneut gingen in vielen Landesteilen Bauern auf die Straße, teilweise kam es zu Blockaden und Einschränkungen im Verkehr. 5.000 Protestierende mit rund 2.500 Traktoren und Landmaschinen fanden sich laut Polizei etwa in Nürnberg ein, um gegen die Agrarpolitik des Bundes zu demonstrieren.
Auch im Norden fanden Proteste statt. In Schleswig-Holstein fanden nach einer Sternfahrt von 16 angemeldeten Trecker-Konvois aus den Landkreisen Plön und Rendsburg-Eckernförde Tausende Landwirte in Kiel zusammen. In der Landeshauptstadt nahmen sie mit mindestens 3.100 Treckern und anderen Fahrzeugen an einer Protestfahrt teil, wie eine Polizeisprecherin sagte. Der Verkehr sei dadurch nahezu zum Erliegen gekommen. Anschließend gab es auf dem Exerzierplatz in Kiel eine Kundgebung.
Verkehrsbeeinträchtigungen durch Proteste
In Brandenburg kam es ebenfalls zu Verkehrsbeeinträchtigungen. An mehreren Orten demonstrierten Bauern mit ihren Fahrzeugen und blockierten Straßen. Im Süden Berlins musste die Bundesstraße 101 wegen einer Demonstration zeitweise in beiden Richtungen gesperrt werden. Insgesamt waren in Brandenburg um die 40 Protestaktionen angemeldet unter anderem auch an der A24 und A19 sowie Richtung Polen.
In Sachsen-Anhalt wurden zahlreiche Autobahnauffahrten blockiert. Protestveranstaltungen wurden zudem aus Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen gemeldet. In zahlreichen Bundesländern soll es auch am Wochenende zu vereinzelten Aktionen kommen.
Klinik stellt Anzeige wegen Blockade
Unterdessen erstattete der Landesvorstand der Arbeiterwohlfahrt (AWO) wegen einer vergangenen Blockade Anzeige. Die Sperrungen der Elbbrücke bei Tangermünde im Landkreis Stendal (Sachsen-Anhalt) seien am Montag und Dienstag nicht angemeldet gewesen, so der Geschäftsführer des AWO-Krankenhauses Jerichow, Thomas Wendler. Pflegekräfte und Ärzte seien nicht durchgelassen worden. Von etwa 180 Arbeitskräften seien ungefähr 30 nicht zum Dienst gekommen, das habe auch Auswirkungen auf die Patientenversorgung gehabt.
Die Blockade der Brücke bezeichnete der Klinik-Geschäftsführer als unverhältnismäßig. Sie sei ein Nadelöhr und könne kaum umfahren werden. Zudem kritisierte er die Polizei, dass diese die unangemeldete Blockade nicht aufgelöst habe.
Bauern kündigen Großdemonstration in Berlin an
Der Deutsche Bauernverband plant am Montag eine Großdemonstration vor dem Brandenburger Tor in Berlin, weshalb Tausende Landwirte in der Hauptstadt erwartet werden. Schon jetzt sind die ersten Landwirte eingetroffen. Zwischen Brandenburger Tor und dem Sowjetischen Ehrenmal Tiergarten stehen bereits Dutzende Agrarfahrzeuge.
Rund 5.000 Traktoren und andere Landmaschinen sollen aus dem gesamten Bundesgebiet zur Kundgebung am Brandenburger Tor unterwegs sein, wie die Polizei mitteilte. Mehrere Branchen wie die Fischerei und der Transportbereich schlossen sich dem Protestaufruf an. Auch der Gaststättenverband Dehoga ist dabei.
"Noch einmal soll der Politik verdeutlicht werden, was es bedeutet, die Wettbewerbsfähigkeit und die Existenz der Landwirte und mittelständischen Transportunternehmen aufs Spiel zu setzen", so der Bauernverband. Zu den Protestierenden sprechen will dann auch Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner. Am Rande der Veranstaltung wollen sich zudem die Spitzen der Ampel-Fraktionen mit den Bauernverbänden treffen.
Ampelkoalition will Kürzungen im Agrarbereich
Im Laufe der kommenden Woche will die Ampelkoalition im Bundestag die letzten Details zum Haushalt 2024 festzurren, der Kürzungen im Agrarbereich vorsieht. Die Proteste der Landwirte hatten sich an einer Vereinbarung der Bundesregierung entzündet, die unter anderem die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung und der Subventionierung von Diesel für Landwirte vorsah. Später zog die Bundesregierung das Ende der Steuerbefreiung zurück. Die Dieselsubvention soll schrittweise bis 2026 abgeschafft werden.
Der Bauernverband besteht auf der langfristigen Fortführung der Dieselsubvention. Seit Anfang der Woche demonstrieren Landwirte bundesweit mit Trecker-Konvois und Blockadeaktionen gegen die Subventionskürzung und gegen die Bundesregierung. Der bayerische Bauernverband deutete bereits eine Verschärfung der Proteste an. "Wir haben bisher davon abgesehen, Infrastruktur zu blockieren, etwa die Lebensmittelversorgung", hieß es.
Weitere Zugeständnisse stellt die Bundesregierung den Landwirten allerdings nicht in Aussicht. Änderungen bei den geplanten Subventionskürzungen seien nicht mehr vorgesehen, sagte Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Die Regierung habe ihren Vorschlag gemacht. Die Proteste würden sehr ernst genommen, es gebe auch gute Gespräche mit Landwirten.
Özdemir ruft zu gemeinsamen Lösungen auf
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) verwies unterdessen auf Verfehlungen der unionsgeführten Vorgängerregierungen und rief Ampel- und Unionsparteien zu gemeinsamen Lösungen für die Landwirtschaft auf. Die politische Mitte müsse eine "Landwirtschaftspolitik mit breiten Mehrheiten" gestalten, sagte Özdemir im "Morgenmagazin" des ZDF.
Nicht allein die geplanten Kürzungen von Agrarsubventionen hätten den Zorn der Landwirte ausgelöst, sondern dass "jahrzehntelang den Bauern Dinge versprochen wurden von wechselnden Regierungen, die nur zum Teil oder gar nicht gehalten worden sind".
Özdemir habe seit seinem Amtsantritt vor rund zwei Jahren gemacht, "was ich kann". Er zählte das staatliche Tierhaltungskennzeichen, eine Änderung im Baugesetzbuch und im Immissionsschutzgesetz auf, die den Neu- und Umbau tiergerechter Ställe erleichtern sollen. Er habe "eine Milliarde Euro mobilisiert allein für die Schweinehalter". Doch "jetzt komme ich an den Punkt, wo ich allein nicht weiter kann". Es brauche den Konsens der "Ampel", aber auch der "größten Oppositionspartei".