
Vor Abstimmung über Finanzpaket Stimmen zählen bei Union, SPD und Grünen
Der Bundestag stimmt heute über das milliardenschwere Finanzpaket ab. Die Spitzen von CDU, CSU, SPD und Grünen sind zuversichtlich, dass die nötige Zweidrittelmehrheit erreicht wird. Wie viele Abweichler werden es am Ende sein?
Vor der Abstimmung im Bundestag über das Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur haben Union, SPD und Grüne intensiv für Zustimmung in ihren Fraktionen geworben.
Weil für die Pläne das Grundgesetz geändert werden muss, ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Der Bundestag hat derzeit noch 733 Abgeordnete, eine Zweidrittelmehrheit wäre bei 489 Stimmen erreicht. SPD (207 Abgeordnete), CDU/CSU (196 Abgeordnete) und Grüne (117 Abgeordnete) kämen zusammen auf 520 Stimmen. Das sind 31 Stimmen mehr als nötig.
Einige Abweichler erwartet
Doch es wird einige Abweichler geben. Eine Schwierigkeit könnte darin liegen, dass über die Grundgesetzänderung noch der alte Bundestag entscheiden soll, aus dem viele Abgeordnete von Union, SPD und Grünen ausscheiden. Sie könnten sich deshalb weniger an die übliche Fraktionsdisziplin gebunden fühlen als sonst.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Partei-Generalsekretär Mario Czaja etwa hat seine Ablehnung öffentlich gemacht. Für ihn sei die Grundgesetzänderung "nicht generationengerecht, und die Begründungen, die dafür herangezogen werden, sind nicht redlich". Es wird bei weiteren Unionsabgeordneten spekuliert, dass auch sie mit Nein stimmen könnten.
Grüne in Probeabstimmung nicht geschlossen dafür
Auch in den Reihen der Grünen dürfte es mehrere Abweichler geben. Bei einer Probeabstimmung in der Fraktion gab es nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa eine Enthaltung und eine unentschiedene Person.
Die Abgeordnete Canan Bayram kündigte laut Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) ihr Nein an. "Wir schränken künftige Parlamente mit dem Schuldenpaket in ihren Möglichkeiten zu stark ein", sagte sie. Eine kleine einstellige Zahl an Abgeordneten war krank.
Milliarden für Verteidigung und Infrastruktur
Das Finanzpaket von Union und SPD sieht eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und die Länder sowie ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für zusätzliche Investitionen in Infrastruktur vor. Davon sollen 100 Milliarden Euro an die Länder gehen, um Investitionen dort und in den Kommunen voranzubringen.
Die Grünen konnten in den Verhandlungen mit Union und SPD insbesondere eine Zusage von 100 Milliarden Euro Investitionen in den Klimaschutz durchsetzen.
Merz ist zuversichtlich
CDU-Chef Friedrich Merz sowie Spitzenvertreter von SPD und Grünen zeigten sich zuversichtlich, dass die nötige Zweidrittelmehrheit erreicht wird. "Es wird knapp, aber es wird gehen", sagte Merz am Sonntagabend im Bericht aus Berlin. "Es gibt in allen drei Fraktionen natürlich auch noch Überzeugungsarbeit zu leisten, aber diese Chance, die sollten wir nicht ungenutzt liegen lassen."
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries warnte im Handelsblatt vor einer "Staatskrise", sollte das Finanzpaket scheitern. Davon würden dann "nur die politischen Ränder profitieren".
Klingbeil: Stand jetzt eine Nein-Stimme
Auch SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil hat sich zuversichtlich gezeigt, dass das milliardenschwere schwarz-rote Finanzpaket trotz möglicher Abweichler die erforderliche Mehrheit erreichen wird. Klingbeil sagte vor einer Sitzung seiner Bundestagsfraktion, derzeit sei der Stand, dass von den 207 SPD-Abgeordneten einer krankheitsbedingt fehlen und es eine Nein-Stimme geben werde. Es würden jedoch noch Gespräche geführt mit dem Ziel, "dass wir da noch besser werden als SPD-Fraktion".
Grünen-Chefin Franziska Brantner äußerte sich ebenfalls zuversichtlich, dass die Grünen-Fraktion weitgehend geschlossen für das Finanzpaket stimmen werde. Auch im Bundesrat werde die Zustimmung nicht an den an mehreren Landesregierungen beteiligten Grünen scheitern.
Bas gegen sofortige Einberufung des neuen Parlaments
Die heutige Abstimmung ist umstritten. AfD und Linke waren juristisch gegen die Einberufung des alten Bundestags zu insgesamt zwei Sondersitzungen für die Beratung über das Finanzpaket vorgegangen. Das Bundesverfassungsgericht entschied aber am Freitag, dass der alte Bundestag grundsätzlich entscheidungsfähig ist, bis sich der neue Bundestag konstituiert hat.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) lehnte auch die von der AfD geforderte sofortige Einberufung des neuen Parlaments ab. Bas verwies im Nachrichtenmagazin Der Spiegel auf den geplanten Termin zur Neukonstituierung am 25. März. "Nach den vorbereitenden Sitzungen mit den Fraktionen des neu gewählten 21. Deutschen Bundestags habe ich mich an dem dortigen Mehrheitswillen von CDU/CSU und SPD orientiert und für den 25. März 2025 zur konstituierenden Sitzung eingeladen", erklärte sie nur grundsätzlich.
Drei weitere Klagen, die sich auf die kurzen Beratungsfristen für die insgesamt drei Grundgesetzänderungen beziehen, sind aber in Karlsruhe noch anhängig.
Bayern will zustimmen
Sollte das Finanzpaket den Bundestag passieren, steht es am Freitag im Bundesrat zur Abstimmung. Auch in der Länderkammer ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Als entscheidend gilt hier Bayern, wo die Freien Wähler Vorbehalte haben, sich nun aber mit der CSU auf eine Zustimmung geeinigt haben.

In anderen Ländern noch Diskussionsbedarf
In anderen Bundesländern wird noch diskutiert, zum Beispiel in Thüringen, wo die CDU mit BSW und SPD regiert. Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) sagte auf tagesschau24, entscheidend werde sein, in welcher Form im Bundesrat abgestimmt werde - ob über einzelne Punkte oder über ein ganzes Paket. "Wenn das feststeht, bewerten wir es gemeinsam", so Voigt.
Wenig Meinungsverschiedenheit herrsche unter anderem bei Investitionen in die Infrastruktur. "Wenn es um Schulen geht, wenn es um den Gesundheitsbereich geht - da gibt es große Einigkeit", betonte Voigt. Er räumte ein, dass es mit dem BSW beim Thema Verteidigung kniffliger werden könnte. Mit einer Einigung über Thüringens Abstimmungsverhalten am Freitag rechnet der Ministerpräsident am Donnerstag.
Im Bundesrat sind 46 der 69 Stimmen für die Grundgesetzänderungen nötig. Landesregierungen, an denen nur CDU, SPD und Grüne beteiligt sind, kommen auf 41 Stimmen. Mit den sechs Stimmen aus Bayern gilt die Zustimmung sicher.