Bundesverfassungsgericht Wahlrechtsreform von 2020 ist verfassungskonform
2020 hatte die Große Koalition eine Reform des Wahlrechts durchgebracht. Die damalige Opposition klagte. Das Bundesverfassungsgericht entschied jedoch: Die Reform ist mit dem Grundgesetz vereinbar - auch wenn sie bereits teils überholt ist.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die von der damaligen Großen Koalition im Jahr 2020 durchgesetzte Wahlrechtsreform für verfassungskonform erklärt. Damit scheiterte eine Klage von 216 Abgeordneten der damaligen Oppositionsfraktionen von FDP, Grünen und Linkspartei.
Ihr Antrag sei unbegründet, sagte die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats, Doris König. Die Änderungen im Wahlgesetz seien deutlich. Das Gericht sah auch keine Verletzung der Chancengleichheit der Parteien.
Immer mehr Bundestagsabgeordnete
Hintergrund ist die Zahl der Bundestagsabgeordneten: Nach der Bundestagswahl 2017 saßen über 700 Abgeordnete im Parlament - deutlich mehr als die gesetzliche Richtgröße von knapp 600. Daraufhin änderte die damalige Große Koalition von Union und SPD das Wahlrecht in einigen Punkten, mit dem Ziel, den durch Überhang- und Ausgleichsmandate immer größer gewordenen Bundestag zu verkleinern.
Überhangmandate entstanden, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewann, als ihr nach dem Zweitstimmen-Ergebnis Sitze zustanden. Ausgleichsmandate für die anderen Parteien sollten sicherstellen, dass am Ende die Sitzverteilung dem Stimmenverhältnis entspricht. Es sei hinreichend bestimmt im angegriffenen Gesetz, wie und bis zu welchem Punkt die Sitzzahl des Bundestags zu erhöhen ist, sagte König.
Reform bereits wieder überholt
Ein Kritikpunkt der Kläger war, dass Überhangmandate erst ab dem vierten Mandat durch Ausgleichsmandate für andere Parteien kompensiert wurden. Die frühere Opposition kritisierte damals, dass die Reform bestimmte Parteien bevorzugen würde, vor allem die CSU.
Durch eine neue Reform der Ampelkoaltion von diesem Frühjahr Jahr ist das Wahlrecht von 2020 jedoch weitgehend bereits überholt. Daher hatten die 216 Abgeordneten, die einst den Normenkontrollantrag eingereicht hatten, beantragt Mitte März, das Verfahren ruhen zu lassen. Das lehnte das BVerfG jedoch ab.
Auch Klagen gegen neues Wahlgesetz
Die aktuelle Reform geht noch deutlich weiter als das vorherige Gesetz und wird wiederum von der jetzigen Opposition heftig kritisiert. Der Freistaat Bayern und die CSU reichten bereits Klage ein. Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die Linke haben Klagen angekündigt.
Bedeutung hatte das Urteil mit Blick auf die geplante, teilweise Wiederholung der Bundestagswahl von 2021 in Berlin. Die könnte nun auf Grundlage des Wahlrechts von 2020 durchgeführt werden. Allerdings läuft auch gegen diese Teilwiederholung eine Klage - das Bundesverfassungsgericht entscheidet darüber am 19. Dezember.
Kein einstimmiges Votum
Die heutige Entscheidung zum Wahlrecht fiel übrigens nicht einstimmig. Es setzte sich bei den acht Richtern letztlich eine sehr knappe Mehrheit von fünf durch.
(Az. 2 BvF 1/21)