Haushaltskrise CDU erhöht Druck auf Scholz
Angesichts der Haushaltskrise wird die Kritik aus der Union immer schärfer. CDU-Generalsekretär Linnemann verlangt von Kanzler Scholz, die Vertrauensfrage zu stellen. Die Union fordert zudem, dass Bundestagspräsidentin Bas sich einschaltet.
Die Union erhöht in der Haushaltskrise den Druck auf die Ampelkoalition. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, die Vertrauensfrage zu stellen. "Ich glaube, es wäre besser, dass der Bundeskanzler die Vertrauensfrage stellt im Deutschen Bundestag", sagte Linnemann in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner".
Wenn Scholz diese gewinne, müsse die Ampel-Regierung einen Plan machen für die kommenden zwei Jahre. "So wie jetzt darf es nicht weitergehen", sagte Linnemann. Wenn Scholz die Vertrauensfrage verliere, müssten die Bürgerinnen und Bürger über einen Neuanfang entscheiden. "Wir brauchen jetzt Ehrlichkeit. Zwei Jahre so weitermachen kann sich dieses Land nicht leisten."
"Das Kämpferische fehlt Olaf"
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte in der Sendung, er sei sicher, dass Scholz von allen Teilen der Ampel-Regierung das Vertrauen genieße. Neuwahlen würden dem Land weitere Unsicherheiten bringen. Auch kurz vor dem Start des SPD-Bundesparteitags, der heute beginnt, verteidigte Kühnert den Kanzler. "Olaf Scholz versucht nach Kräften und wirklich mit enormem Einsatz, diese Regierung zusammenzuhalten und immer wieder zu Kompromissen zu führen", sagte er im rbb. Eine Rede von Scholz wird morgen auf dem Parteitag erwartet.
Aus Sicht des langjährigen SPD-Abgeordneten Axel Schäfer verhält sich Scholz zu defensiv. "Das Kämpferische fehlt Olaf", sagte Schäfer dem "Spiegel". Dabei könne Scholz das eigentlich. "Das merkt man, wenn er bei seinen Regierungserklärungen das Manuskript weglegt. Dann werden seine Reden auch mal richtig emotional."
SPD-Parteichef Lars Klingbeil rief die Regierung in einem tagesthemen-Interview dazu auf, "mit Hochdruck" an einer Lösung zu arbeiten. Zugleich deutete er Kompromissbereitschaft an. Die SPD wisse, dass sie politische Verantwortung tragen müsse, sagte Klingbeil, auch wenn es bedeute, "dass wir auf Dinge verzichten müssen, die uns wichtig sind". Wo genau die Partei bereit sei zu verzichten, dazu wollte er sich nicht äußern.
Union wendet sich an Bas
Gestern war bekannt geworden, dass die SPD-Fraktionsspitze einen Bundestagsbeschluss zum Haushalt 2024 in diesem Jahr nicht mehr für möglich hält. "Obwohl wir von unserer Seite alles dafür getan haben, kann der Haushalt für das Jahr 2024 nicht mehr rechtzeitig in diesem Jahr beschlossen werden", schrieb die parlamentarische Geschäftsführerin, Katja Mast, in einer mit Fraktionschef Rolf Mützenich abgestimmten SMS an ihre Fraktion.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, forderte in einem Brief, dass Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) die Ampel-Regierung zur Ordnung aufrufen müsse. Das bisherige Vorgehen der Koalition sei von Planlosigkeit und Starrsinn geprägt, heißt es in einem Brief, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. "Selbst das Haushaltsrecht als Königsrecht des Parlaments bleibt vom Chaos der Ampel nicht mehr verschont."
Der Umgang der Regierung und der Ampel-Fraktionen mit dem Bundestag sei inakzeptabel. Die Beratungen des Haushalts in den Ausschüssen am Donnerstag seien ein neuer Tiefpunkt gewesen. Offenbar hätten auch die Mitglieder der Koalitionsfraktionen nicht vollumfänglich gewusst, worüber sie eigentlich abgestimmt hätten. "Sehr geehrte Frau Präsidentin, es ist dringend geboten, dass Sie sich persönlich in die Vorgänge einschalten und die Bundesregierung sowie die Koalitionsfraktionen zur Ordnung rufen", fordert Frei.
Ökonom warnt vor Eskalation
Nach Ansicht des Ökonomen Marcel Fratzscher muss die Haushaltskrise schnellstmöglich beendet und ein Bundeshaushalt 2024 verabschiedet werden. "Sonst eskaliert die Lage und könnte die deutsche Wirtschaft erneut in die Rezession treiben", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.
"Das größte Problem heute, politisch wie wirtschaftlich, sind nicht Kürzungen von Ausgaben oder Subventionen, sondern ein so massiver Vertrauensverlust in die Handlungsfähigkeit der Politik, dass Unternehmen ihre Investitionen absagen oder ins Ausland verlagern", so Fratzscher. "Stabilität und das Einlösen von Versprechen muss jetzt für die Bundesregierung oberste Priorität haben."
Fratzscher sprach sich für ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse aus, wie dies auch viele in der SPD und bei den Grünen wollen - die FDP ist allerdings bisher sehr skeptisch.
Rhein für Erhalt der Schuldenbremse
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) macht sich für einen Erhalt der Schuldenbremse stark. "Aus hessischer Sicht ist die Schuldenbremse keine Folklore, sondern ein Ausdruck der Generationengerechtigkeit", sagte Rhein. Die Vorgabe an Bund und Länder, ihre Haushaltsdefizite nicht durch die Aufnahme von Krediten auszugleichen, sei eine verfassungsrechtliche Errungenschaft.
"Deswegen sollten wir aus meiner Sicht die Schuldenbremse weder abschaffen, noch sollten wir sie schleifen. Wir sollten sie einfach einhalten", bekräftigte Rhein. In Notlagen habe sie sich als flexibles Instrument erwiesen. "Ich bin bereit, darüber zu diskutieren, sobald eine Situation eintritt, in der wir im wahrsten Sinne des Wortes in einer Notlage sind und in der wir mit den derzeitigen Instrumenten nicht hinkommen", erläuterte Rhein. Dies sehe er aktuell nicht.
Innerhalb der CDU gibt es jedoch unterschiedliche Ansichten zur Schuldenbremse. So hatten sich die CDU-Länderchefs in Berlin, Sachsen-Anhalt und Sachsen zuletzt offen für eine Reform gezeigt.