Jahresbericht Datenschutzbeauftragter kritisiert E-Patientenakte
Zum letzten Mal legt Ulrich Kelber als Bundesdatenschutzbeauftragter seinen Jahresbericht vor. Darin übt er erneut Kritik an der Digitalisierung der Patientenakte. Doch das ist nicht seine einzige Beanstandung.
Der amtierende Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat seine Kritik am im Februar verabschiedeten Gesetz zur elektronischen Patientenakte verstärkt. Das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf den Weg gebrachte Gesetz sieht vor, dass alle gesetzlich Versicherten Anfang 2025 E-Patientenakten bekommen - außer, sie lehnten es für sich aktiv ab. Diese Widerspruchslösung greife erheblich in das Grundrecht auf die informationelle Selbstbestimmung ein, so Kelber.
In seinem jährlichen Tätigkeitsbericht, den der Datenschutzbeauftragte heute an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas übergab, fordert Kelber, ein automatisches Befüllen der Patientenakte dürfe es nur mit unkritischen Daten geben. Für alles andere sollte eine Einwilligung der Versicherten nötig sein. “Dies gilt insbesondere für Daten, deren Bekanntwerden zu erheblichen Gefährdungen für die Rechte der Versicherten führen, etwa, weil sie Anlass zur Diskriminierung oder Stigmatisierung geben können, darunter Daten zu HIV-Infektionen, Schwangerschaftsabbrüchen oder psychischen Erkrankungen“, so der Bericht. Zwar begrüße er die Digitalisierung des Gesundheitswesens und der Pflege, so Kelber, allerdings müsse diese datenschutzkonform ablaufen.
Diverse Kritikpunkte
Auch das Thema Künstliche Intelligenz spielt in dem Bericht eine große Rolle. Kelber sieht darin eine Schlüsseltechnologie, die beeindruckende Möglichkeiten eröffne. Aber: "Grundlage der meisten KI-Anwendungen ist ein großer Datenhunger, der nahezu alle Lebensbereiche berührt - einschließlich sehr sensibler Gebiete wie etwa der Gesundheit", so Kelber weiter. Es brauche verbindliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI, die von Datenschutz und Privatsphäre "zentral geprägt" sein müssten. Je nachdem, wie Künstliche Intelligenz eingesetzt werde, berge sie "das Potential für Grundrechtseinschränkungen und Diskriminierungen".
Kritisch sieht der Bundesdatenschutzbeauftragte auch bestimmte neue Regelungen im Sicherheitsbereich. Im Bereich der Finanzkriminalität und Geldwäsche seien neue Gesetze geschaffen worden, um eine effektive Bekämpfung der Finanzkriminalität zu erreichen. Diese neuen Vorschriften und ihre Umsetzung würden jedoch laut Kelber eine zusätzliche neue Überwachungsdimension bilden, so Kelber.
Brief an Bundesregierung
Es dürfte Kelbers letzter Tätigkeitsbericht gewesen sein. Er ist nach einer fünfjährigen Amtszeit seit dem 7. Januar nur noch kommissarisch im Amt, weil der Bundestag sein Mandat nicht verlängert hat. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird von der Bundesregierung vorgeschlagen und vom Bundestag gewählt. In der Ampel-Koalition wurde vereinbart, dass Grüne und FDP einen Personalvorschlag machen können. Kelber kann die Behörde nur noch bis zum 6. Juli kommissarisch leiten.
Vertreter der Zivilgesellschaft kritisierten die Bundesregierung für diesen Umgang mit dem Amt des Bundesdatenschutzbeauftragten. Die Vorgänge um eine mögliche Verlängerung der Amtszeit von Kelber schadeten dem Amt “in noch nie da gewesener Weise“, heißt es in einem offenen Brief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (beide SPD), die Spitzen der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP sowie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD).
Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der Chaos Computer Club (CCC), die Digitale Gesellschaft, die Gesellschaft für Informatik und die Free Software Foundation Europe. Kelber sagte, er könne die in dem Brief formulierten Befürchtungen durchaus nachvollziehen.