Gesetzentwurf im Kabinett Wer auf Einweg setzt, soll zahlen
Die Hersteller von Produkten aus Einwegplastik sollen sich künftig an den Kosten der Müllbeseitigung in Parks und Straßen beteiligen. Die Wirtschaft kritisiert den Gesetzentwurf - aber warum auch Umweltverbände?
Wer am Wochenende morgens durch den Park läuft, kennt das Problem. Die Papierkörbe quellen über. Einwegbecher und Einweggeschirr liegen auf den Wiesen. Oder Zigarettenkippen, achtlos weggeworfen auf dem Fußweg. All diese Produkte enthalten Kunststoff, die Kommunen müssen sie entsorgen. Und am Ende kostet das die Verbraucherinnen und Verbraucher Geld.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke will das ändern: "Wer sein Geschäft darauf stützt, Wegwerfprodukte aus Plastik auf den Markt zu bringen, soll sich an den Sammlungs- und Reinigungskosten der Kommunen beteiligen. Denn diese Rohstoffverschwendung trägt erheblich dazu bei, die weltweite Verschmutzungskrise anzutreiben." Die Bundesregierung hat deswegen heute ein Gesetz auf den Weg gebracht mit dem langen Namen: Einwegkunststofffondsgesetz.
Das heißt in Kurzform: Es gibt eine Sonderabgabe auf bestimmte Einwegprodukte. Wer den Müll verursacht, soll sich an den Folgekosten beteiligen. Deutschland setzt damit eine Richtlinie der EU um, der Bundestag muss noch zustimmen.
Ministerium rechnet mit 450 Millionen Euro
Ab 2025 zahlen die Hersteller der Einwegprodukte Geld an einen Fonds, der vom Umweltbundesamt verwaltet wird. Laut Bundesumweltministerium kommen schätzungsweise 450 Millionen Euro pro Jahr zusammen. Das Geld geht an Kommunen und soll dabei helfen, die Müllentsorgung zu bezahlen. Wie hoch die Abgabe sein wird, ist noch nicht bekannt.
Von Städten und Gemeinden wird der Gesetzentwurf ausdrücklich gelobt. Ingbert Liebert, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen spricht von einem Meilenstein, "da die Einwegkunststoffabgabe hoheitlich festgelegt wird und die Kommunen nicht als Bittsteller an die Hersteller herantreten müssen, um die Kostenerstattung zu erhalten." Gut wäre es, den Fonds in der Zukunft noch auszuweiten, denn: "In der Umwelt landen häufig auch andere Produkte wie Pizzakartons, Aluminiumschalen oder Kaugummis."
Industrie bemängelt Bürokratie
Aus der Wirtschaft kommt Kritik. Sieben Industrieverbände sprechen von unnötiger Bürokratie - und sie stört der Zeitpunkt. "Der Vorschlag einer Sonderabgabe kommt zur Unzeit, weil die deutsche Wirtschaft vollständig damit ausgelastet sei, den Betrieb trotz explodierender Energiepreise aufrecht zu erhalten und damit für den Erhalt von hunderttausenden von hochbezahlten Arbeitsplätzen zu sorgen."
Bundesumweltministerin Lemke hält diese Kritik für ungerechtfertigt. An dem Gesetz werde seit zwei Jahren gearbeitet, die Industrie könne deswegen nicht überrascht sein: "Wir berücksichtigen ja eben die gegenwärtige Krisensituation, indem das Einzahlen in den Fonds ab dem Jahr 2025 greift. Es ist ein planvolles Vorgehen, alle können sich darauf einstellen", so die Grünen-Politikerin.
Am Ende wird Einweg durch das neue Gesetz wohl teurer werden. Das findet die Bundesumweltministerin richtig, denn das setzt Anreize, auf Einweg ganz zu verzichten. Es sei nicht sinnvoll, Produkte, die nur Minuten oder Sekunden genutzt werden, auf den Markt zu bringen. Da stimmen ihr auch Umweltverbände zu, allerdings mit einem lauten Aber. Sie halten das neue Gesetz nicht für einen großen Wurf.
Kritik auch von Umweltverbänden
Dass Hersteller Säuberungs- und Entsorgungskosten für bestimmte Einwegprodukte bezahlen sollen, ist richtig, meint die Deutsche Umwelthilfe. "Allerdings fällt dadurch kein Gramm weniger Plastikmüll an: Das Müllproblem wird nicht an der Wurzel angepackt. Abfälle müssen in erster Linie vermieden und nicht einfach nur weggeräumt werden." Besser wäre aus Sicht des Verbandes eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-to-go-Verpackungen, die die Nutzung von Einwegbechern und -Essensboxen verteuert.
Der Naturschutzbund Deutschland findet, "dass die Bundesregierung hier die Chance verpasst, Einwegplastik entschieden entgegenzuwirken." Das beschlossene Gesetz setze am Ende der Müll-Hierarchie an, beim Aufräumen und Entsorgen.
Ministerin Lemke entgegnet, das neue Gesetz sei nicht alles. Die Bundesregierung plane weitere Regelungen: Wer Essen oder Kaffee zum Mitnehmen verkauft, solle ab 2023 verpflichtend auch Mehrweg anbieten.