Streit um Kindergrundsicherung Klingbeil für Ende des Ehegattensplittings
SPD-Chef Klingbeil hat vorgeschlagen, das Ehegattensplitting zu streichen statt das Elterngeld zu kappen. Das Finanzministerium erklärte dazu, die Steuervorteile für Ehepaare blieben erhalten - zumindest vorerst.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat eine schnelle Abschaffung der Steuervorteile durch das Ehegattensplitting für alle neuen Ehen vorgeschlagen. Diese Einsparung könne statt der geplanten Kürzung beim Elterngeld erfolgen und "dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen", sagte Klingbeil dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
Ehegattensplitting bezeichnet das Verfahren, nach dem Ehepaare und Lebenspartnerschaften besteuert werden, die keine Einzelveranlagung wählen. Dabei wird das gemeinsame Einkommen halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Das nützt vor allem Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient.
"Das Elterngeld ist keine Sozialleistung, es soll dazu motivieren, dass auch Männer mehr Verantwortung in der Familie übernehmen", argumentierte der SPD-Chef.
Ohne Elterngeld auch für die Spitzenverdiener mit einem Einkommen der Eltern ab 150.000 Euro im Jahr werde wohl wieder die Frau zu Hause bleiben, weil der Mann häufig mehr Geld bekomme. "Das ist ein Rückschritt für die Gleichberechtigung", sagte Klingbeil.
Finanzministerium: Ehegattensplitting bleibt - vorerst
Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums erklärte nach Klingbeils Vorstoß, dass das Ehegattensplitting in absehbarer Zeit erhalten bleibe. Eine Abschaffung des Verfahrens könne aus der Umsetzung des Koalitionsvertrages nicht abgeleitet werden.
Aktuell werde an einem anderen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zur Familienbesteuerung gearbeitet, sagte der Sprecher weiter. Die Ampel-Koalition hatte sich darin auf eine Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 verständigt. Diese sollen in die Klasse 4 überführt werden. Dabei könnte es bei der Überführung in Klasse 4 eine Regelung geben, mit der Ehepaare weiter einen Vorteil genössen. Es solle keine Steuererhöhungen geben, sagte der Sprecher weiter.
Unterstützung von Grünen
Unterstützung für den Vorstoß kam dagegen von den Grünen. Die Parteivorsitzende Ricarda Lang zeigte sich offen für den Vorschlag des SPD-Vorsitzenden, das Ehegattensplitting auslaufen zu lassen. Ihre Partei sei zu Gesprächen bereit. Sie selbst stelle zwar infrage, ob es überhaupt sinnvoll sei, bei Geld für Familien den Rotstift anzusetzen, sagte die Co-Vorsitzende, doch es habe eine "klare Ansage aus dem Finanzministerium" gegeben, "dass an dieser Stelle gespart werden soll".
DGB und Linke befürworten Klingbeils Vorstoß
Und auch der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Linke befürworteten Klingbeils Vorstoß. "Wer die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Erwerbsleben und die partnerschaftliche Verteilung von Familienarbeit fördern will, kann das Ehegattensplitting nicht unangetastet lassen", erklärte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. "Einschnitte beim Elterngeld lehnen wir ab", fügte sie hinzu. "Vor allem die Steuerklasse 5 mit ihrer übermäßig hohen Steuerbelastung für die weniger verdienende Person in der Ehe - und meist ist das die Frau - macht reguläre Beschäftigung unattraktiv und treibt Frauen in Minijobs."
Es sei "richtig, das Ehegattensplitting zu streichen - anstatt das Elterngeld zu kappen", sagte der Linken-Abgeordnete Christian Görke. Dadurch würde etwas für die Gleichstellung getan und noch dazu erheblicher Spielraum im Haushalt geschaffen.
Elterngeld erhalten bisher Paare, deren gemeinsam zu versteuerndes Einkommen unter 300.000 Euro liegt. Im Zuge der Haushaltsplanung für das kommende Jahr und den von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) forcierten Ausgabenkürzungen zur Schuldenbegrenzung plant Familienministerin Lisa Paus (Grüne), die Grenze auf 150.000 Euro zu senken.
FDP schlägt andere Aufteilung vor
Der stellvertretende FDP-Chef Johannes Vogel kritisierte dies und schlägt eine andere Aufteilung der Leistung vor. "Ich finde es falsch, wenn wir jetzt einfach das Elterngeld mit dem Rasenmäher abrasieren, auch in einem Bereich, wo wir reden über Ingenieurinnen und Ingenieure, Ärzte", sagte er in der ARD-Sendung Anne Will.
Er unterstützte einen Vorschlag aus der FDP, von den Paaren eine stärkere zeitliche Angleichung ihrer Elternmonate zu verlangen. Wenn das nicht geschieht, solle nur ein Partner Elterngeld erhalten. Darüber hinaus habe Paus auch "im Bereich der zahlreichen Förderprogramme noch ein gewisses Einsparpotenzial", sagte Vogel.
"Beste der schlechten Varianten"
Paus wies Vogels Vorstoß ebenfalls bei Anne Will zurück. "Wenn das mit der Partnerschaftlichkeit funktioniert, dann ist das keine Kürzung", sagte sie. "Deswegen kann ich das auch nicht vorschlagen." Alternative Sparmöglichkeiten sieht sie nur in Kürzungen beim Unterhaltsvorschuss für allein lebende Frauen, deren Partner ihrer Zahlungspflicht nicht nachkommen, und beim Kinderzuschlag. Beides will sie nicht, wie Paus deutlich machte.
Auch bei anderen Programmen kürze sie bereits, deshalb werde es etwa weniger Möglichkeiten für Freiwilligendienste geben. "Ich bin offen für bessere Vorschläge - aber ich habe mir das angeschaut und bin unter all diesen schlechten Varianten zu der aus meiner Sicht besten Variante gekommen", erklärte Paus mit Blick auf die Streichung des Elterngelds für Paare mit höheren Einkommen. "So werde ich das jetzt auch einbringen."