Kürzungen im Familienministerium Wie sich Grüne und FDP beim Elterngeld streiten
Familienministerin Paus muss sparen - und setzt beim Elterngeld für besserverdienende Paare an. Das gefällt dem Koalitionspartner FDP gar nicht. Und richtig glücklich ist auch die Ministerin nicht.
Nicht mehr schlecht übereinander reden, die Menschen nicht mehr mit öffentlich ausgetragenem Streit verunsichern - so lautete der feste Vorsatz der Ampelkoalition. Er scheint jedoch nicht allzu lange zu halten. Denn nun geraten FDP und Grüne abermals auf offener Bühne aneinander.
Diesmal beim Elterngeld: Als "nicht überzeugend" bezeichnet FDP-Vize Johannes Vogel den Plan von Familienministerin Lisa Paus, den Kreis der Berechtigten beim Elterngeld zu beschränken. "Lisa Paus ist nicht Sozialministerin, sondern Familienministerin", schimpft der FDP-Politiker im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Und schließlich gehe es hier um Gleichstellung und ein familienpolitisches Ziel - nämlich, dass "junge Paare aus der Mitte der Gesellschaft es sich leisten können, Kinder zu bekommen".
Heftige Kritik aus der Union
Grünen-Politikerin Paus hingegen rechtfertigt sich damit, dass ja fast sämtliche Ministerien Sparvorgaben von einem FDP-Mann, nämlich von Finanzminister Christian Lindner, auferlegt bekommen hätten - so auch ihres. "Ich habe dann eben von den schlechtesten Lösungen die möglichst wenig schlechte ausgewählt", erläuterte Paus bei RTL/NTV.
In der Tat hatte das Finanzministerium in einem Schreiben an das Familienressort eine, wie es dort heißt, "ausgabenreduzierende Reform des Elterngeldes" gefordert, um so eine halbe Milliarde Euro einzusparen. Das will die Grüne nun erreichen, indem sie das Elterngeld für besserverdienende Paare streicht - und zwar für jene, die gemeinsam mehr als 150.000 Euro pro Jahr an zu versteuerndem Einkommen haben. Das bedeutet umgerechnet in brutto: Ab rund 180.000 Euro würde die Leistung gekappt. Unterstützung bekommt die Familienministerin vom Sozialverband VdK: Es sei besser, bei Gutverdienern anzusetzen, als das Elterngeld für alle zu kürzen, sagt VdK-Chefin Verena Bentele.
Heftig ist die Kritik an den Paus-Plänen hingegen aus der Union - und vom Koalitionspartner FDP. Ein junges Paar, etwa eine Ingenieurin und ein Lehrer, meint FDP-Vize Vogel, könnte am Ende nur noch vor schlechten Entscheidungen stehen: "Zum Beispiel vor der Entscheidung, dass wieder nur die Frau zu Hause bliebt. Oder dass sie sich ihr Leben nicht mehr leisten kann, weil die Frau die Besserverdienende ist in einem Bereich, wo wir über die Mitte der Gesellschaft reden."
Kein gerechterer Weg aus den Sparzwängen?
Über die Frage, ob ein Paar mit einem Jahresbrutto von 180.000 Euro tatsächlich in der "Mitte der Gesellschaft" zu verorten ist, wird schon jetzt intensiv diskutiert. Fakt ist allerdings: Das Elterngeld wurde einst ersonnen, um auch für Männer Anreize zu schaffen, sich um den neugeborenen Nachwuchs zu kümmern. Da die aber im Schnitt immer noch mehr verdienen, drohen junge Paare bei wegfallender Unterstützung wieder in alte Rollenmuster zurückfallen, so die Kritik: "Es stimmt, das ist gleichstellungspolitisch nicht die beste Maßnahme", gibt auch die Ministerin höchstpersönlich zu.
Nach eigenem Bekunden sieht sie aber keinen gerechteren Weg heraus aus den Sparzwängen. Wie lange sich FDP und Grüne bei diesem Thema öffentlich beharken, ist eine andere, durchaus bedeutsame Frage. Denn die Lehre aus dem Heizungsstreit lautet doch eigentlich: Zoff auf offener Bühne treibt den Ampel-Blutdruck in die Höhe - und die Umfragewerte in den Keller.