Faeser zur Schönbohm-Entlassung Mit Verstärkung im Innenausschuss
Zweimal blieb sie dem Ausschuss fern, nun kam sie mit dem Verfassungsschutzchef: Innenministerin Faeser hat sich zur Abberufung des früheren BSI-Chefs Schönbohm geäußert. Sie konnte nicht alle überzeugen.
Mit einem besonders freundlichen Lächeln erscheint Nancy Faeser am Morgen pünktlich zur Sitzung des Innenausschusses. Nur wenige Minuten vorher ist auch der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, erschienen.
Nachdem Faeser zweimal dem Ausschuss ferngeblieben ist, kommt sie nun mit Verstärkung. Die Tür schließt sich, was drinnen passiert ist zunächst nicht öffentlich. Doch die Abgeordneten machen schon seit Wochen deutlich, worum es ihnen geht: Hat die Ministerin das Bundesamt für Verfassungsschutz instrumentalisiert, um den damaligen Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, loszuwerden? Und welche Rolle spielte ZDF-Moderator Jan Böhmermann?
"Cyberclown" mit fraglichen Kontakten
Was bisher geschah: Schönbohm wurde am 10. Oktober die weitere Ausübung seiner Dienstgeschäfte im BSI untersagt. Nur zwei Tage zuvor hatte das ZDF "Magazin Royale" Schönbohm nicht nur als "Cyberclown" bezeichnet, sondern ihn auch dem Verdacht ausgesetzt, fragwürdige Kontakte nach Russland zu pflegen.
"Es gibt offenbar ein bislang unbekanntes, riesengroßes, blubberndes Leck in der deutschen Kompetenz-Pipeline in Sachen IT", so beschrieb Böhmermann den BSI-Präsidenten damals. Doch die Vorwürfe erhärteten sich nicht, um disziplinarisch gegen Schönbohm vorzugehen. Das musste das Ministerium Monate später öffentlich einräumen. Ein Ergebnis, das Faeser möglicherweise nicht gepasst haben könnte.
Verdächtige Gesprächsnotiz
Das legt jedenfalls ein Vermerk nahe, über den erstmals die "Bild"-Zeitung berichtete. In einem Gespräch habe sich die Ministerin sichtlich "unzufrieden" gezeigt, heißt es in dem Vermerk - und weiter: "Sie fand die Dinge, die wir ihr zugeliefert haben, zu 'dünn' - wir sollen nochmals BfV abfragen und alle Geheimunterlagen zusammentragen."
Den Verdacht, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ins Feld geführt zu haben, wies Faeser weit von sich. Sie nannte die Vorwürfe heute nach der Sitzung "unverschämt" und "unverantwortlich".
Verfassungsschutzpräsident Haldenwang bestritt ebenfalls, dass nach diesem Vermerk seine Behörde noch einmal Erkenntnisse über Schönbohm zusammentragen sollte: "Weder ausdrücklich, noch augenzwinkernd. Es gab keine weiteren Anfragen." Das wäre mithin rechtswidrig gewesen, so Haldenwang.
Faeser spricht von Vertrauensverlust
Auffallend war heute, dass Faeser ihre damalige Entscheidung nun versucht mit mangelndem Vertrauen zu rechtfertigen und weniger mit disziplinarischen Verstößen. Es habe bereits vor der Böhmermann-Sendung "gravierende fachliche Differenzen" gegeben, so Faeser. Auch mit seiner Amtsausführung sei sie nicht zufrieden gewesen. In Kriegszeiten und der russischen Bedrohung dürfe das nicht sein.
Nähere Details gibt es nicht. Faesers Hauptziel sei es gewesen, Schaden vom BSI abzuwenden. Doch dafür musste das BSI monatelang ohne Präsidenten auskommen und die Behörde fühlte sich von Faeser im Stich gelassen. Schönbohms verbliebener Stellvertreter, Gerhard Schabhüser, kritisierte Anfang des Jahres, dass das BSI insgesamt einen massiven Vertrauens- und Reputationsverlust erlitten habe, und das Bundesinnenministerium dem wenig entgegen getreten sei.
Wahlkampfhilfe für die CDU
Die Parlamentarier sind mit der Einlassung von Faeser auch nach der mehrstündigen Sitzung nicht zufrieden. Es seien sogar weitere Fragen aufgekommen. AfD-Politiker Gottfried Curio berichtet zudem, dass ein Staatssekretär Schönbohm vor die Wahl gestellt habe: freiwilliger Rücktritt oder ein langes Disziplinarverfahren. Curio nennt es einen "Einschüchterungsanruf". CDU-Politiker Stefan Heck spricht davon, dass "Frau Faeser mit erheblichen persönlichen Verfolgungseifer einen hoch angesehenen Spitzenbeamten aus dem Amt gedrängt hat".
Für die CDU konnte die neu aufgekommene Aufregung um die Abberufung Schönbohms zu keinem besseren Zeitpunkt kommen: Faeser fordert den CDU-Ministerpräsidenten aktuell in Hessen heraus. Gewählt wird am 8. Oktober.