Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge

Grüne zum geplanten Finanzpaket "Wir haben eine Reihe von Fragen"

Stand: 05.03.2025 22:01 Uhr

Die Grünen lassen ihre Zustimmung zum Finanzpaket von Union und SPD offen. Die FDP meldet sich ebenfalls zu Wort. Aus eigener Kraft kann die mögliche schwarz-rote Koalition ihr Milliarden-Vorhaben im Bundestag nicht umsetzen.

Nach der Einigung von SPD und Union auf ein milliardenschweres Finanzpaket haben die Grünen ihre Zustimmung zu dem Vorhaben offen gelassen. "Wir haben eine Reihe von Fragen", sagt Co-Fraktionschefin Katharina Dröge in Berlin. Dazu gehöre, ob es wirklich das richtige Verfahren sei, noch mit dem alten Bundestag zu entscheiden.

Die Eilbedürftigkeit der Entscheidung müsse konkretisiert werden, sagte Dröge. Es sei womöglich klüger, eine grundsätzlichere Reform der Schuldenbremse anzugehen. Außerdem fehle der Klimaschutz in den Plänen der wahrscheinlichen schwarz-roten Regierungskoalition.

Grünen-Co-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann ergänzte: "Wer Mehrheiten braucht, sollte sich nicht hinstellen und so tun, als würde alles so gemacht wie gerade vorgeschlagen."

FDP kritisiert Sondervermögen

Die FDP ist nach den Worten ihres Fraktionschefs Christian Dürr unter Umständen bereit, die Ausnahme steigender Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse zu unterstützen. "Höhere Verteidigungsausgaben außerhalb der Schuldenbremse könnten wir mittragen, denn die Stärkung der Truppe hat in diesen Zeiten Priorität", sagte Dürr der Rheinischen Post.

Auf dem politischen Aschermittwoch der FDP Bayern in Dingolfing kritisierte Dürr jedoch ausdrücklich den Plan für ein Sondervermögen zur Instandsetzung der Infrastruktur. "Sondervermögen sind am Ende auch Schulden, vielleicht mit einem, sagen wir mal, medialen Schleifchen drumherum, aber es sind am Ende Schulden."

Union und SPD brauchen die Grünen im Bundestag

Die möglichen künftigen Koalitionäre von Union und SPD hatten sich Dienstagabend auf ein Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur geeinigt. Zum einen soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben gelockert werden. Außerdem soll ein Sondervermögen für die Instandsetzung der Infrastruktur mit 500 Milliarden Euro geschaffen werden. Dafür sollen nächste Woche noch die Mehrheiten aus dem alten Bundestag genutzt werden. Im neugewählten Bundestag haben AfD und Linke eine Sperrminorität von mehr als einem Drittel der Abgeordneten.

Auch im alten Bundestag kommen Union und SPD dafür nicht auf genügend Stimmen. Mit Zustimmung der Grünen wäre die Zweidrittelmehrheit erreichbar. Die FDP lehnte Änderungen an der Schuldenbremse bislang immer ab. 

AfD und Linke wollen rechtliche Schritte prüfen

Die AfD erwägt rechtliche Schritte gegen das geplante Vorhaben von SPD und Union. Es würden sich eine ganze Reihe verfassungsrechtlicher Bedenken ergeben, sagte Bernd Baumann, der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, der Nachrichtenagentur Reuters. Der neugewählte Bundestag trete noch im März zusammen, deshalb sei keine Eile nötig - "insbesondere bei Projekten von solch gigantischer Dimension." Auch die Linke kündigte an, die geplante Verabschiedung des Vorhabens rechtlich prüfen zu lassen.

"Niederlage für die Union"

Kritik inhaltlicher Art kam vom Unions-Nachwuchs: "Aus Sicht der jungen Generation ist das ein harter Schlag für Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit bei Staatsfinanzen, weil die Botschaft ist: Lieber bequeme Schulden als unbequeme Reformen", sagte der Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, dem Tagesspiegel. Das sei eine deutliche Niederlage für die Union gleich zu Beginn der Verhandlungen mit der SPD, weil für dieses große Entgegenkommen gegenüber den Sozialdemokraten keine Gegenleistung sichtbar geworden sei. "Die Union muss bei Migration, Wirtschaft, auch bei Rente nun liefern", sagte Winkel.

Scholz begrüßt Finanzpaket

Der noch amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte die Vereinbarungen der Sondierungspartner Union und SPD. Der Kanzler habe "in der vergangenen Regierung immer wieder dafür gekämpft - ohne Erfolg", sagte sein Sprecher Steffen Hebestreit. Die nun gefundene Vereinbarung entspreche "im grundsätzlichen Herangehen" dem, was Scholz anvisiert habe und wofür er auch im Wahlkampf geworben habe. Der SPD-Politiker hatte vor der Bundestagswahl dafür plädiert, Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse auszunehmen.

Moritz Schularick, Präsident Kiel Institut für Weltwirtschaft, zum geplanten Sondervermögen

tagesthemen, 05.03.2025 22:15 Uhr

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, hat zusammen mit anderen Ökonomen die Milliardenkredite vorgeschlagen. Im Interview bei den tagesthemen verteidigte Schularick das Vorhaben. Insbesondere in Anbetracht der Aussagen aus dem Weißen Haus in den vergangenen Wochen sei es der richtige Schritt.

Man könne sich nicht an selbst gemachten Regeln aufhalten, betonte Schularick. "Denn man darf nicht vergessen, die Schuldenbremse ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck" und der Zweck sei Frieden und Freiheit und Wohlstand in Europa. Entscheidend sei nun, das Geld auch sinnvoll einzusetzen - und etwa in neue Technologie zu investieren.

Jan Frédéric Willems, ARD Berlin, tagesschau, 05.03.2025 16:38 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 05. März 2025 um 15:35 Uhr.