Neuer Generalbundesanwalt Beharrlicher Ermittler
Der Bundesrat hat Jens Rommel als neuen Generalbundesanwalt bestätigt. Der erfahrene Staatsanwalt und Strafrechtler folgt auf Peter Frank, der Bundesverfassungsrichter geworden ist. Wer ist Rommel?
51 Jahre ist Jens Rommel alt, stammt aus dem schwäbischen Ellwangen und hat in Augsburg, Lund in Schweden, Würzburg und Lyon in Frankreich Rechtswissenschaften studiert. Seine Karriere als Jurist ist vom Strafrecht geprägt. In Ravensburg wurde er Staatsanwalt, später Oberstaatsanwalt.
Heute ist er Richter an einem Strafsenat des Bundesgerichtshofs. Dazwischen gab es andere Verwendungen in der Justiz, doch eine sticht hervor: Rommel leitete von 2015 bis 2020 die Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg. Seine Aufgabe dort war es, die noch möglichen Strafverfahren gegen mutmaßliche Mörder in der Zeit des Nationalsozialismus zur Anklage zu bringen.
Suche nach NS-Verbrechern
Einer Standard-Frage, gerade in der Ludwigsburger Zeit an ihn, begegnet er routiniert: Rommel? Ist er etwa mit Erwin Rommel verwandt, dem Generalfeldmarschall der deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg? Nein, soweit er wisse, sei er nicht verwandt, sagt Jens Rommel dazu. Mehr nicht.
Aber natürlich ist ihm bewusst, welche Assoziationen diese Frage nahe legen. Hat da etwa einer die letzten NS-Verbrecher gejagt, der mit dem Erwin Rommel verwandt ist? Für Jens Rommel tut so etwas nichts zur Sache.
Er hat die Arbeit in Ludwigsburg aus der tiefen inneren Überzeugung heraus gemacht, dass sie rechtlich und moralisch geboten war - aber "ohne Verfolgungseifer und immer auf der Suche nach bestmöglicher Gerechtigkeit", so sieht es die SWR-Journalistin Jana Lange, die Rommel in dessen Zeit an der Zentralstelle zur Verfolgung der NS-Verbrechen porträtiert hat. Dabei sei es Rommel insbesondere gelungen, die Suche nach den letzten Tätern wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bekommen, indem er immer wieder Schränke voller historischer Akten über mögliche NS-Täter präsentierte.
Von Ravensburg nach Karlsruhe
Für das Amt des Generalbundesanwalts sind das gute Voraussetzungen. Rommels Kontakt in die Behörde sei nie abgebrochen, hört man. Zudem ist er Mitglied der FDP, was seinem Parteifreund Bundesjustizminister Marco Buschmann gut gefallen haben dürfte.
Als junger Staatsanwalt in Ravensburg bekam er eine begehrte Abordnung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Bundesanwaltschaft. Dass er nun als Chef zurück kommt, ist zwar nicht einmalig, aber eher ungewöhnlich. Bislang war lediglich Generalbundesanwalt Kay Nehm, der die Behörde 1994 bis 2006 leitete, ein "Eigengewächs".
In der Bundesanwaltschaft sehen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das positiv. Die Behörde ist vergleichsweise klein und gilt als eher familiär. Auch wenn den vergangenen Chefs von außen stets loyal begegnet wurde, war immer wieder zu hören, dass sie mit dem "Geist" und den Bräuchen des Hauses fremdelten. Weihnachtsfeiern inklusive.
Das Reuß-Verfahren wartet
Auf Rommel wartet allerdings weit mehr als behördliches Brauchtum. Wohl im Sommer beginnen die Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der Putschisten-Gruppe um Prinz Reuß. Für den Generalbundesanwalt bedeutet das drei relativ gleichzeitige Strafverfahren an den Oberlandesgerichten Frankfurt, München und Stuttgart mit zwei Dutzend Angeklagten, hunderttausenden Aktenseiten. Und dem Problem, die Entwicklungen in den unterschiedlichen Verfahren jeweils im Auge zu behalten und miteinander abgleichen zu müssen.
Eine bislang einmalige Herausforderung in einer Zeit, in der ohnehin zahlreiche andere Ermittlungsverfahren und Hauptverhandlungen in den Themenbereichen Links- und Rechtsterrorismus, islamistischer Terrorismus, Spionage und Völkerstrafrecht laufen.
Abstimmung im Bundesrat
Komplexe Probleme in einem kleinen Team effizient aufteilen und gemeinsam bewältigen war Rommels Realität an der Zentralstelle in Ludwigsburg. Als Richter am Bundesgerichtshof arbeitet er derzeit in einem Kollegium mit vier weiteren Richtern des 4. Strafsenats.
Künftig werden diese Dimensionen erheblich größer - aber die Frage nach der Verwandschaft mit Erwin Rommel wird ihm sicher ebenso erhalten bleiben, wie die Verfolgung der NS-Verbrecher: Einen Tag, bevor seine Personalie im Bundesrat zur Abstimmung steht, hat der Bundesgerichtshof eine mündliche Verhandlung über eine 98-jährige Frau aus Itzehoe angekündigt, die gegen ihre Verurteilung als Helferin im Konzentrationslager Stutthof Revision eingelegt hat (5 StR 326/23). Von Seiten des Staates vertritt diese Revision der Generalbundesanwalt.