Verbrechensbekämpfung Innenminister fordern mehr Datenspeicherung
Für den Kampf gegen schwere Verbrechen fordern die Innenminister der Länder vom Bund die Möglichkeit zur anlasslosen Datenspeicherung. Zudem planen sie, Löschprozesse für kinderpornografische Medien effizienter zu machen.
Zur Bekämpfung schwerer Verbrechen im Internet fordern die Innenminister der Bundesländer mehr Möglichkeiten zur anlasslosen Speicherung von IP-Adressen als bislang vom Bund geplant. "Es wäre ein Unding und Hohn für die Opfer, wenn wir in Deutschland diese Möglichkeit aus falsch verstandenem Datenschutz nicht nutzen", sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU). Unter den Innenministern gebe es hierzu einen breiten Konsens.
"Dieser Ermittlungsansatz ist erforderlich, um den Tausenden von gemeldeten Fällen der Verbreitung und des Besitzes von Kinderpornografie, hinter denen reale Missbrauchstaten stehen können, nachgehen zu können, bevor die einzige Spur zum Täter - nämlich die IP-Adresse - wie derzeit regelmäßig bereits nach wenigen Tagen unwiderruflich gelöscht wird", sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU).
Justizminister uneins über Umsetzung
An der Konferenz nahmen auch die Justizminister der Länder teil. In deren Runde gebe es noch unterschiedliche Meinungen, sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). "Die Diskussion ist in diesem Punkt noch nicht abgeschlossen." Man sei sich aber einig, Kindesmissbrauch und Kinderpornografie noch stärker zu bekämpfen, betonte er.
Das Ausmaß der Verbrechen sei längst bundesweit "erschreckend", so Herrmann. Bundesweit hätten sich 2021 die Fallzahlen im Vergleich zu 2020 mehr als verdoppelt.
FDP-Vorschlag findet keine Zustimmung
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) erklärte, das von der FDP als Alternative präferierte "Quick-Freeze"-Verfahren zur Verbrechensbekämpfung im Netz sei unzureichend und kein geeigneter Ersatz für die anlasslose Speicherung der IP-Adressen durch die Provider. Ohne eine vorherige Speicherung der IP-Adresse sei es bei Verdachtsfällen zu spät, die Täter zu ermitteln.
Bei dem "Quick-Freeze"-Verfahren muss zunächst ein Richter bei einem Verdachtsfall anordnen, dass der Provider die IP-Adresse speichern soll. Die FDP lehnt die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung schwerer Verbrechen unter Hinweis auf den Koalitionsvertrag mit SPD und Grünen im Bund konsequent ab.
EuGH-Urteil muss befolgt werden
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in der vergangenen Woche der Speicherung von Telekommunikationsdaten zur Aufklärung von Straftaten in Deutschland enge Grenzen gesetzt. Die Richter urteilten, dass die derzeit ausgesetzte Regelung in Deutschland mit dem EU-Recht unvereinbar ist. Sie erklärten aber, dass zur Bekämpfung schwerer Kriminalität eine Vorratsspeicherung der IP-Adressen möglich wäre.
Pistorius betonte, der Bundesgesetzgeber müsse den rechtlichen Rahmen ausnutzen, den der Europäische Gerichtshof in dem Kontext den Ländern gebe. Um erfolgreich im Internet gegen die Täter vorgehen zu können, sei es aber zudem wichtig, dass die Ermittler mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz in die Lage versetzt würden, das riesige Aufkommen an Daten zu analysieren.
Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) mahnte: "An keiner Stelle darf man den Datenschutz überhöhen über Kinderschutz." Aus Sicht der unionsregierten Länder dürfe es eigentlich auch keine Fragezeichen geben, IP-Adressen zu speichern und dann auch zu nutzen. Was genau möglich sei, müsse nun aber noch genau geprüft werden.
Noch viele Fragen offen
Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) sagte, man befinde sich noch am Anfang der Debatte. Auch der Bundesregierung solle man Zeit zur Diskussion zugestehen. Es gebe noch viele wichtige und konkrete Fragen, die man klären müsse, bevor es dazu einen Gesetzentwurf geben könne. Als Beispiel nannte Gallina, dass Berufsgeheimnisträger bei der Speicherung von IP-Adressen irgendwie herausgefiltert werden müssten. Die Debatte müsse deshalb nun sehr im Detail geführt werden.
Die Innen- und Justizminister erklärten zudem, die Löschprozesse für kinderpornografische Medien im Internet effektiver und effizienter gestalten zu wollen. Bis zum Ende dieses Jahres wolle man "zu einem konkreten Ergebnis kommen, dass strafbare Inhalte nur so lange wie für die Ermittlungen und Strafverfahren nötig" im Netz bleiben, erläuterte Herrmann.