Sachsens Ministerpräsident Kretschmer "Erstes Thema ist Asyl, das zweite die Energiekrise"
Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer fordert von der Bundesregierung weitere Schritte, um die Migration einzudämmen. Das sei das wichtigste Thema noch vor der Energiekrise, betonte der CDU-Politiker im Interview mit den ARD-tagesthemen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat die Migrationspolitik der Bundesregierung als unwirksam kritisiert. Alles, was bis jetzt vorgeschlagen wurde, sei nur Placebo, sagte der CDU-Politiker in den ARD-tagesthemen. "So werden wir die Lösung nicht hinkriegen und das ist bitter." Alle in der Bevölkerung - auch diejenigen, die sich 2015 extrem engagiert hätten - wüssten, dass die Flüchtlingszahlen zu hoch seien, so Kretschmer.
"Ich bin sehr dafür, dass wir das parteiübergreifend klären und handeln", sagte er mit Blick auf den von Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagenen Deutschland-Pakt. "Das wäre das erste Thema, das wir miteinander klären könnten." Scholz hatte zuvor in der Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag die Länder, Kommunen und Sozialpartner zu einem Schulterschluss aufgefordert. Der Kanzler plädierte für einen Pakt, der das Land "schneller, moderner und sicherer" machen solle. Kretschmer sagte dazu, man müsse "aus staatsbürgerlicher Verantwortung 'Ja' dazu sagen" und auch keine Vorbedingungen stellen. "Ich finde, das erste Thema ist Asyl. Das zweite Thema ist die Energiekrise."
Mehr sichere Herkunftsländer und Rückführungsabkommen
Zur Asylpolitik sagte der CDU-Politiker, es gebe eine Liste der Innenministerkonferenz mit Themen, die dringend angegangen werden müssten. Diese beginnt mit den sicheren Herkunftsländern. "Länder wie Tunesien, die eine niedrige Anerkennungsquote haben, das sind sichere Herkunftsländer und die müssen auch als solche ausgewiesen werden", so Kretschmer.
Mit Blick auf das Thema Rückführungen forderte Kretschmer spezielle Zentren für Mehrfach- und Intensivstraftäter. Dazu brauche es Rückführungsabkommen für weitere Länder. "Das sind die Dinge, die nur der Bund kann", sagte der sächsische Ministerpräsident.
Zuletzt hatte der Diskussionsentwurf "zur Verbesserung der Rückführung" von Bundesinnenministerin Nancy Faeser für Debatten gesorgt. Nachdem der Fokus zunächst auf der Verlängerung des Abschiebegewahrsams lag, sorgten dann Überlegungen zum Umgang mit Mitgliedern krimineller Clans für Schlagzeilen. Kurz darauf lag ein weiterer Vorschlag des Innenministeriums auf dem Tisch.
Demnach sollte eine Regelung im Aufenthaltsgesetz gestrichen werden, nach der Menschen, die bereits länger als ein Jahr in Deutschland geduldet leben, vor einer Abschiebung erneut vorgewarnt werden müssen. Die Auswirkungen könnten für viele Menschen weitreichend sein. Ende 2022 lebten in Deutschland etwa 250.000 Menschen mit einer Duldung, 180.000 davon bereits länger als drei Jahre.
Nachbarschaftshilfe für Polen gefordert
Zum strittigen Thema der Grenzkontrollen sagte Kretschmer, es bleibe nichts anderes übrig, als die Grenzübergänge zu Polen und Tschechien genauso so zu behandeln wie die Grenze zu Österreich, wo die Bundespolizei Kontrollen durchführt. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Bundespolizei an der Grenze diejenigen herauswinkt, die als Schleuser in dieses Land kommen."
Gleichzeitig dürfe man es sich aber auch nicht zu leicht machen, betonte der sächsische Ministerpräsident. "Wir müssen jetzt auch unseren polnischen Nachbarn helfen an der belarusischen Grenze, denn von dort aus kommt dieser Flüchtlingsstrom." Es sei ein Fass ohne Boden, wenn man die Grenze nicht sichern würde, so Kretschmer. Das alles sei nicht in Griff zu kriegen, indem man alleine an der deutschen Grenze handele. "Wir müssen an den Ursachen ansetzen", forderte Kretschmer. "Und das ist etwas, das derzeit nicht passiert."