Versicherung fehlen Milliarden Lauterbach kündigt weitere Pflegereform an
Die deutsche Gesellschaft wird älter und pflegebedürftiger. Für die Pflegekassen bedeutet das mehr Kosten, doch das Geld ist knapp. Nun kündigt Gesundheitsminister Lauterbach eine weitere Pflegereform an. Verbände fordern mehr Tempo.
Wegen steigender Milliardenkosten hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach noch vor der nächsten Bundestagswahl eine weitere Pflegereform angekündigt. "Die Probleme sind groß, aber sie sind lösbar und werden auch in Kürze angegangen", sagte der SPD-Politiker. "Wir werden nach der Sommerpause ein Konzept vorlegen."
Das Bundeskabinett beriet heute über entsprechende Vorschläge einer Finanzreform, die eine Kommission vorgelegt hatte. Dabei soll es um ein Gesamtpaket für mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal, eine bessere Prävention von Pflegebedürftigkeit und das Schließen der Finanzlücke gehen.
Versicherung fehlen Milliarden
Die Pflegeversicherung rechnet mit roten Zahlen: Für dieses Jahr geht sie von einem Minus von 1,5 Milliarden Euro, für das kommende Jahr gar von einem Defizit von 3,4 Milliarden Euro aus. Ohne Reformen würde die Pflegeversicherung deutlich teurer werden. "Der Beitragssatz würde steigen, weil wir auch mehr Pflegebedürftige haben. Darauf werden wir reagieren", sagte Lauterbach. Dazu gehörten Gesetzespläne für eine bessere Vorbeugung etwa von Demenz und Schlaganfällen. Viele Pflegefälle seien vermeidbar", betonte der Minister.
Lauterbach verwies außerdem auf geplante Neuregelungen, die mehr Kompetenzen für Pflegefachkräfte vorsehen, um den Beruf attraktiver zu machen. Gesetzlich ermöglicht werden sollen auch neue Pflegeangebote.
Vier Reformmodelle vorgeschlagen
Die Kommission - aus Experten, mehreren Bundesministerien und Vertretern der Bundesländer - skizzieren in ihrem Bericht vier Reformmodelle. Zwei davon basieren wie bisher auf einer Teilfinanzierung durch die Pflegebedürftigen, zwei auf einer Vollfinanzierung.
Fest steht, dass die Pflegekassen bei einer steigenden Zahl Pflegebedürftiger an ihr Limit kommen. Die Gesamtausgaben der sozialen Pflegeversicherung lagen 2023 bei etwa 59,2 Milliarden Euro. Dabei müssen Pflegebedürftige insbesondere in Heimen immer höhere Eigenanteile übernehmen. Langfristig fehlen der Pflegeversicherung laut dem Bericht rund 24 Milliarden Euro.
Verbände fordern schnelleres Handeln
Sozialverbänden gehen die Vorschläge nicht weit und vor allem nicht schnell genug. Sie drängen auf Sofortmaßnahmen. Die Versorgung von Millionen pflegebedürftiger Menschen sei bereits jetzt massiv gefährdet, erklärte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die Dachorganisation der sechs größten Wohlfahrtsverbände.
Die Diakonie Deutschland kritisierte, Problemanalysen gebe es genug. Vorstandsmitglied Maria Loheide sagte, kurzfristig ließen sich Finanzlücken schließen, wenn die Rentenbeiträge von pflegenden Angehörigen und die 4,5 Milliarden Euro Vorleistung der Pflegeversicherung aus der Corona-Zeit aus Steuermitteln finanziert würden.
Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, schlug vor, Senioren, die über ein gewisses Vermögen verfügen, mehr in die Pflegekassen einzahlen zu lassen. Die Lasten dürften nicht allein auf die junge Generation geschoben werden und Wohlhabende verschone, sagte sie der Funke Mediengruppe.