Reaktionen auf Vorstoß Macrons "Keine Option für Deutschland"
Macron erntet Unverständnis: In Deutschland stoßen Aussagen zum Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine auf klare Ablehnung - sowohl in der Ampelkoalition als auch in der Opposition.
Nach den Äußerungen des französischen Präsident Emmanuel Macron, die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine nicht auszuschließen, sind die ersten Reaktionen aus Bundestag und Bundesregierung klar ablehnend.
Bei einem Besuch in Freiburg sagte Kanzler Olaf Scholz, auch für die Zukunft gelte, "dass es keine Bodentruppen, keine Soldaten auf ukrainischem Boden gibt, die von europäischen Staaten oder NATO-Staaten dorthin geschickt werden". Das sei bei den Beratungen der internationalen Ukraine-Konferenz am Vorabend in Paris auch sehr einhellig die Meinung gewesen, so Scholz. Westliche Soldaten dürften sich auch von ihren Heimatländern aus nicht selber aktiv an Kriegsgeschehen beteiligen.
Macron hatte sich bei der Hilfskonferenz in Paris zu einem möglichen Einsatz von Bodentruppen durch sein Land geäußert. Nichts sei ausgeschlossen, um einen russischen Sieg in der Ukraine zu verhindern, sagte der Staatschef.
Pistorius schließt Truppeneinsatz aus
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sieht das ganz anders: Er schloss den Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine aus. "Boots on the ground ist keine Option für die Bundesrepublik Deutschland", sagte er bei einer Pressekonferenz mit seiner österreichischen Amtskollegin.
Dem Grünen-Chef Omid Nouripour zufolge stehe das in Deutschland auch gar nicht zur Debatte. "Es ist überhaupt kein Thema. Es ist kein Thema in der Diskussion in Deutschland und auch nicht in einem Bündnis", sagte Nouripour im Sender ntv. Den Vorstoß Macrons kommentierte der Grünen-Chef: "Ich habe einen launigen Macron erlebt, der einfach sagen wollte: 'Ich will nichts ausschließen'."
Grünen-Verteidigungsexpertin kritisiert Macron
Die stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger sagte im Deutschlandfunk, die Aussagen von Macron hätten für viele Fragen und Irritationen gesorgt. Frankreich überschreite damit eine klare Linie, die andere Verbündete der Ukraine gezogen hätten, etwa Deutschland und die USA.
Wichtig sei, bei der Unterstützung der Ukraine geschlossen aufzutreten, ergänzte die Verteidigungsexpertin. Macrons Worte lenkten von anderen wesentlichen Dingen ab, die man zur Unterstützung Kiews gemeinschaftlich beschlossen habe - etwa die Lieferung weiterer Waffen sowie die Verhängung neuer Sanktionen gegen Russland.
Anders äußerte sich FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Deutschland müsse Macrons Einschätzung definitiv nicht teilen. "Aber auffällig ist schon: Macron gibt den Antreiber, der Bundeskanzler den Bremser", sagte sie der Funke-Mediengruppe.
Union schließt deutsche Soldaten in der Ukraine aus
Die Unions-Fraktion im Bundestag hält es ebenfalls für ausgeschlossen, Soldaten in die Ukraine zu schicken. Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer, sagte im rbb24 Inforadio, das stehe nicht zur Debatte.
Frei betonte, entscheidend sei, dass die Ukraine dringend benötigte Waffen bekomme, um sich gegen Russland zu verteidigen. Der CDU-Politiker kritisierte, dass Bundeskanzler Scholz es ablehnt, "Taurus"-Marschflugkörper zu liefern. Scholz' Bedenken, dass Deutschland damit in den Krieg hineingezogen werde, teilte Frei nicht: "Es ist Unfug, dass Deutschland damit zur Kriegspartei würde. Und es ist auch nicht zutreffend, dass es dadurch notwendig wäre, dass deutsche Soldaten in der Ukraine tätig werden müssten."
"Spiel mit dem Feuer" und "gefährlicher Wahnsinn"
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Moosdorf nannte das "Gerede über Truppenentsendungen in die Ukraine" ein "Spiel mit dem Feuer". "Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich durch diplomatische Initiativen für eine schrittweise Entspannung einzutreten", zitierte die AfD-Bundestagsfraktion Moosdorf bei X.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht reagierte empört. "Im Élysée sind offenbar alle Sicherungen durchgebrannt", sagte Parteigründerin Sahra Wagenknecht. "Allein über die Möglichkeit von Bodentruppen in der Ukraine zu reden, ist gefährlicher Wahnsinn." Es bestehe die Gefahr, dass der Krieg in der Ukraine "in Richtung Weltkrieg eskaliert". Auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Dietmar Bartsch nannte Macrons Äußerungen gegenüber der Funke-Medien einen "gefährlichen Wahnsinn".