Vor Rückkehr der "Hessen" Marine-Chef fordert Bestellung weiterer Fregatten
Marine-Inspekteur Kaack warnt vor Zögerlichkeit bei der Modernisierung der deutschen Seestreitkräfte. Durch eine veränderte Sicherheitslage und wichtige Aufgaben seien neue Schiffe nötig. Zudem könnten bei schnellem Handeln Kosten gespart werden.
Marine-Inspekteur Jan Christian Kaack hat eine Bestellung zwei weiterer Fregatten für die Seestreitkräfte gefordert und vor sonst drohenden Kostensteigerungen gewarnt. "Ich halte es für absolut erforderlich, dass Deutschland diese Option zieht und diese beiden Fregatten bestellt", sagte der Vizeadmiral. "Und ich bin mir da mit dem Minister einig, denn wir müssen jetzt in die Flotte der Zukunft investieren, damit wir auch dauerhaft unsere Aufgaben zum Schutz unserer Menschen gewährleisten können."
Option auf zwei weitere Schiffe könnte Kosten sparen
Im Dezember war mit dem Bau der ersten Fregatte der Klasse F126 begonnen worden. Die Bundeswehr plant den Bau von Schiffen, die "weltweit und umfassend zur dreidimensionalen Seekriegführung befähigt" sein sollen. Das bedeute, es könnten Ziele unter Wasser, auf dem Wasser und in der Luft bekämpft werden. Seeraumüberwachung, das Durchsetzen von Embargos, das Unterstützen von Spezialkräften sowie Evakuierungsoperationen werden als wichtigste Aufgaben genannt.
Vier Fregatten sind finanziert, und es gibt eine Option auf zwei weitere Schiffe zu einem ähnlichen Preis. "Jede Verzögerung oder Nichtnutzung dieser Option würde bei einem späteren Bestellen zu einer Kostenerhöhung führen", warnte Kaack. Die zwei weiteren Schiffe seien angesichts der erwarteten Bedrohungen der nächsten Jahre nötig. "Wir brauchen hochwirksame Kampfeinheiten, die sich im Gefecht durchsetzen können, und zwar in einer Zahl, dass wir auch sicherstellen, dass wir sie dauerhaft einsetzen können."
Kaack verwies dazu auf die "Mathematik der Marine", in der Einsatzbereitschaft und Abläufe der Instandsetzung in einer Mehrzahl von drei gedacht würden: Ein Schiff gefechtsbereit, eines auf dem Weg zur Gefechtsbereitschaft und eines in der Instandsetzung. Deshalb sei eine Zahl von sechs Fregatten der Klasse 126 gut, um "durchhaltefähig und durchsetzungsfähig" die Aufträge Deutschlands weltweit sicherzustellen.
Zuständigkeiten auf dem Prüfstand
Kaack verwies auch auf eine veränderte Sicherheitslage und die Bedeutung der deutschen Marine für den Schutz kritischer Infrastruktur. So sehe die Marine zunehmende Bemühungen der russischen Seestreitkräfte, kritische maritime Infrastruktur auszukundschaften - also Pipelines, Kommunikationsleitungen und die Stränge der Energieversorgung. Kaack sagte dazu: "Aber sie stellen dann eben auch fest, dass wir es merken und dass wir sofort draufgehen", sagte Kaack. Zugleich bescheinigte er der russischen Marine bei Begegnung auf See absolutes Normverhalten, bei dem eingespielte Verfahren beachtet werden.
"Das Motto ist für mich Abschreckung durch Attribuierbarkeit. Wenn der Gegner weiß, dass wir wissen, dass er da agiert, ist es weniger wahrscheinlich, dass er etwas machen wird", sagte Kaack. Voraussetzung dafür sei ein bewertetes Über- und Unterwasserlagebild, das Zusammenführen der Sensorinformationen und Daten. Dazu gebe es Projekte.
Kaack ist überzeugt, dass Angriffe wie auf die Infrastruktur auch künftig in einer Grauzone stattfinden würden, um einen Verteidigungs- oder Bündnisfall eben gerade nicht auszulösen. Deswegen sollen Zuständigkeiten und Verfahrensweisen auf den Prüfstand. "Die Diskussion wird geführt. Sie muss auch geführt werden."
Baerbock schließt Passage durch Straße von Taiwan nicht aus
Der Vizeadmiral äußerte sich im Vorfeld der am Sonntag in Wilhelmshaven erwarteten Rückkehr der Fregatte "Hessen" aus dem EU-Einsatz "Aspides" im Roten Meer. Am Dienstag sollen zudem der Einsatzgruppenversorger "Frankfurt am Main" und die Fregatte "Baden-Württemberg" in den Indo-Pazifik ablegen. Dabei gelangen sie durch den Panamakanal in den Pazifik und durchqueren später auch das Südchinesische Meer. Eine vergleichbare Mission hatte es bereits von August 2021 bis Februar 2022 gegeben. Die Fregatte "Bayern" nahm damals zwar an Manövern mit Bündnispartnern teil, machte um Taiwan aber einen Bogen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schließt nun nicht aus, dass die Fregatte "Baden-Württemberg" bei ihrer bevorstehenden Pazifik-Mission die Straße von Taiwan durchquert. Bei ihrem Besuch in Neuseeland sagte die Grünen-Politikerin zwar, dass die Route des Kriegsschiffes und eines Versorgungsschiffes nicht vorab bekannt gegeben werde. Sie betonte aber gleichzeitig, dass das "Recht der friedlichen Durchfahrt" auch für die Straße von Taiwan gelte. "Da gelten dieselben Regeln wie in allen vergleichbaren Meeresgebieten, wo unsere Schiffe und andere Schiffe langfahren." Auf dieser Grundlage finde die Übungsmission der beiden Schiffe statt.
Die Durchquerung der Straße von Taiwan könnte von China als Provokation gesehen werden. Die Volksrepublik beansprucht die demokratische Republik Taiwan als ihr eigenes Territorium und hat mehrfach mit einer Invasion gedroht. Die USA, Großbritannien und Frankreich zeigen dennoch militärische Präsenz in der Meerenge zwischen Taiwan und China.