Milei-Besuch in Deutschland Der Kettensägenmann im Kanzleramt
Schwieriger Besuch für den Kanzler: Der argentinische Präsident Javier Milei hat sich angekündigt. Ein Rechtspopulist, der politisch völlig andere Positionen als Olaf Scholz vertritt. Dennoch kann der Austausch wichtig sein.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit wählt seine Worte genau, als er am Freitag auf den Besuch des argentinischen Präsidenten Javier Milei angesprochen wird. Er will keine diplomatische Unruhe auslösen, aber dennoch klarmachen, dass dieses Treffen keines unter besten Freunden wird.
"Man kann sich in der Weltpolitik nicht aussuchen, mit wem man es zu tun hat", sagt Hebestreit mit Pokerface. Um dann aber noch zu nachzuschieben, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und Argentinien gut seien. Wie die Beziehungen zu "nahezu allen Ländern dieser Erde". Nüchternheit und Pragmatismus stecken in den Worten des Regierungssprechers.
Milei ist der Mann mit der Kettensäge. Die hatte er in seinem Wahlkampf in die Kameras gehalten und einen radikalen Umbau von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft versprochen. Sein Motto: Der Staat soll nur noch für Sicherheit und Justiz zuständig sein. So gut wie alle anderen staatlichen Aufgaben will der Rechtspopulist privatisieren - wie etwa das Bildungssystem.
Nils Schmid hält davon gar nichts. Der außenpolitische Sprecher der SPD im Bundestag spricht im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio von großen Sorgen, die ihm die Entwicklung in dem südamerikanischen Land machen. Schmid rechnet mit einer schwierigen Partnerschaft zwischen Deutschland und Argentinien unter einem Präsidenten Milei.
Herausforderndes Treffen für Kanzler Scholz
Deborah Düring wird noch deutlicher. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion sagt, Milei stehe bei vielen Themen "diametral zu unserer Politik und unseren Werten". Düring fordert den Kanzler auf, beim Treffen mit Milei nicht nur die argentinische Innenpolitik anzusprechen, sondern auch ein zentrales Umweltthema des Landes: den Abbau von Lithium. Der Rohstoff ist wichtig für die Produktion von Batterien, etwa für E-Autos.
Argentinien hat die weltweit drittgrößten Lithiumvorkommen und könnte in diesem Bereich ein wichtiger Partner für Deutschland sein. Die Bundesregierung will die E-Mobilität schließlich deutlich vorantreiben.
Doch Deborah Düring stellt im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio klar: kein Handel um jeden Preis. "Die Interessen an Rohstoffen dürfen niemals über unseren Werten stehen wie die Frage von Menschenrechten, von Umweltstandards." Die Grünen-Politikerin erwartet daher ein herausforderndes Treffen für Kanzler Scholz.
Unionsparteien sehen Milei-Besuch gelassener
CDU und CSU sehen dem Besuch gelassener entgegen. Die Parteien setzen sich dafür sein, die Handelsbeziehungen zu Argentinien zu stärken. Der außenpolitische Sprecher Jürgen Hardt verteidigt Präsident Milei daher gegen Kritik. "Er löst seine Versprechen ein", sagt der CDU-Politiker.
Hardt verweist auf Umfragen, wonach die Zustimmung der Bevölkerung zu Mileis Politik weiterhin hoch ist. Nach seinen Worten versucht der Rechtspopulist, die vielen offenen Enden in der Wirtschafts- und Finanzpolitik des Landes endlich wieder zusammenzuführen - anders als seine Vorgänger. Was zur dramatischen Inflation in Argentinien und den massiven sozialen Problemen geführt habe.
"Das will er stoppen - mit klaren Positionen gegen die Politik früherer Regierungen", meint Hardt im ARD-Interview. Aber er räumt ein: Vielleicht sei Milei dabei etwas holzschnittartiger, hörbarer und sichtbarer unterwegs als viele Politiker in Europa.
Milei wünscht keine Pressekonferenz mit Scholz
In Berlin wird Milei wohl weniger hör- und sichtbar sein. Es wird keinen Empfang mit militärischen Ehren geben und Fragen von Journalisten sind auch nicht erwünscht.
Das Bundespresseamt hat eine ursprünglich angesetzte Pressekonferenz wieder abgesagt. Das sei auf Wunsch Mileis geschehen, sagt Regierungssprecher Hebestreit. Er spricht von einer "klaren Weigerung des argentinischen Präsidenten, eine Pressekonferenz zu machen". Diesem Wunsch habe man sich gebeugt.
Sowieso richtet sich die Bundesregierung auf einen sehr kurzen Besuch aus Buenos Aires ein. "Nur gut eine Stunde" werde er dauern, kündigt Hebestreit an. Kaum Zeit also für tiefgehende Gespräche im Kanzleramt. Aber auch nicht für größere Eskalation zwischen dem kühlen Norddeutschen Scholz und dem exzentrischen Südamerikaner Milei.