Gesetzentwurf der FDP Buschmann will Zugriff auf Chats einschränken
Wertvolle Hinweise für die Polizei, aber schwere Grundrechtseingriffe für Betroffene: Justizminister Buschmann will den Zugriff auf Smartphones begrenzen. Das zeigt ein Gesetzesentwurf, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.
Es gab kaum Spuren von der im Juli 2022 vermissten 14-jährigen Ayleen in Baden-Württemberg. Erst nach einer Woche wurde ihre Leiche in einem See in Hessen gefunden. Ein Alptraum für die Hinterbliebenen. Die Polizei konnte die Leiche nur anhand der Standortdaten ihres Handys finden.
Aber in der Funkzelle tauchte noch eine weitere Nummer auf - die des möglichen Täters, der nun vor Gericht steht. Hier waren es die beim Provider gespeicherten Daten, die den Ermittlungserfolg gebracht haben. Die Auswertung der Chats auf den Handys sind nun weitere wichtige Beweismittel in dem Prozess vor dem Landgericht in Gießen.
Wichtiges Ermittlungsinstrument
Mit welchen Mitteln die Polizei solche älteren aber auch laufende Chats auslesen kann, darum geht es in dem Gesetzentwurf aus dem FDP-geführten Bundesjustizministerium, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Seit 2017 erlaubt die Strafprozessordnung in bestimmten Fällen die verschlüsselte Kommunikation in Messengerdiensten - wie etwa Whatsapp - zu überwachen: die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung, kurz Quellen-TKÜ.
Das geschieht durch das Aufspielen einer bestimmten Software auf dem Endgerät. Doch das Instrument ist umstritten, greift es schließlich in die grundgesetzlich geschützte Integrität und Vertraulichkeit eines informationstechnischen Systems ein, kurz gesagt: in die Privatsphäre. Auch Chats mit unbeteiligten Dritten könnten ausgelesen werden.
FDP: Nur noch bei schweren Straftaten
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2016 gewisse Anforderungen an eine solche Quellen-TKÜ formuliert.
Der Gesetzentwurf aus dem Hause von Marco Buschmann will dem nun mehr Rechnung tragen und die Anwendung schärfer fassen. So soll die Quellen-TKÜ etwa nur bei besonders schweren Straftaten zur Anwendung kommen. Der Mordfall Ayleen gehört zweifelsohne weiterhin dazu. Doch bei Urkundenfälschungen oder Wettbewerbsstraftaten soll die Polizei für die Aufklärung nicht mehr auf die Quellen-TKÜ setzen dürfen.
Ähnlich eingriffsintensiv wie die Onlinedurchsuchung
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Quellen-TKÜ kaum von einer sogenannten Onlinedurchsuchung zu unterscheiden ist, bei der es um mehr als nur die reine Kommunikation geht, sondern eben auch um auf den Endgeräten gespeicherte Daten.
Nach geltender Rechtslage unterliegt die Onlinedurchsuchung strengeren Voraussetzungen. Diese sollten möglichst auch für die Quellen-TKÜ gelten. Gleichzeitig soll die Quellen-TKÜ aber auch technisch so begrenzt werden, dass sie wirklich nur die laufende Kommunikation erfasst. Der Zugriff auf bereits abgeschlossene Chats soll verhindert werden.
Zudem soll künftig für den Einsatz der Quellen-TKÜ nicht mehr nur ein einzelner Richter entscheiden, sondern die Kammer eines Landgerichts - hier sitzen neben hauptamtlichen Richtern auch bis zu zwei Schöffen. Eine Verlängerung darf auch nicht mehr für drei Monate, sondern nur noch für einen Monat angeordnet werden dürfen.
Grenzen der Onlinedurchsuchung sind geplant
Nicht selten nehmen Smartphone-, Tablet- oder PC-Nutzer ihre Geräte überall mit hin - auch ins Schlafzimmer. Die Technik würde theoretisch eine Raumüberwachung ermöglichen, indem die Kamera oder das Mikrofon von den Ermittlern gesteuert werden könnte. Zur Klarstellung will der Gesetzentwurf diesen theoretisch möglichen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre mittels einer Onlinedurchsuchung gänzlich ausschließen.
Die Ampel hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Reform geeinigt. Inwieweit nun dieser Entwurf sich mit den Bedürfnissen der Strafverfolgungsbehörden deckt, für die das SPD-geführte Bundesinnenministerium zuständig ist, dürfte sich in der anstehenden Ressortabstimmung klären.