Ramelow im Wahlkampf Wenn Beliebtheit nicht ausreicht
Die Linke setzt im Wahlkampf vor allem auf ihren beliebten Ministerpräsidenten. Doch Ramelows Amtsbonus könnte dieses Mal nicht reichen. Die Umfragen sprechen gegen ihn.
Der einzige linke Ministerpräsident Deutschlands ist der beliebteste Politiker der Thüringerinnen und Thüringer. Fast jede und jeder kennt ihn. Die Mehrheit ist mit seiner Arbeit zufrieden. Das gilt für keinen anderen Politiker im Land. Und noch eindrucksvoller: Fast jeder zweite Wahlberechtigte würde, wenn das ginge, Ramelow direkt zum Ministerpräsidenten wählen.
Doch seine Partei, die Linke, verliert mehr und mehr an Zustimmung. Nach dem neuesten ThüringenTrend liegt die Linke bei 13 Prozent. Das ist einer der schlechtesten Umfragewerte für Ramelows Partei seit mehr als 25 Jahren.
Zudem erschüttert drei Wochen vor der Wahl ein Skandal den Wahlkampf. Gegen ein Landtagsmitglied der Partei wird wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie ermittelt. Polizei und Staatsanwaltschaft Erfurt haben das Büro eines Linke-Abgeordneten im Thüringer Landtag durchsucht.
Die AfD ist mehr als doppelt so stark wie die Linke und selbst das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat den Linken aus dem Stand den Rang abgelaufen. Ramelow weiß: Die Zeiten, in denen seine Partei die Protestwähler einfing, sind vorbei. Das erledigen jetzt AfD und BSW.
Der Ministerpräsident sagte in einem Podcast: "Ich werde dafür sorgen, dass es eine Mehrheitsregierung gibt." Oberflächlich betrachtet ist das die Aussage eines Politikers, der mit eigenem Machtanspruch in den Wahlkampf startet. In diesem Fall lautet die Lesart: Ramelow geht davon aus, dass seine Linke doch wieder stärkste Kraft und er erneut Ministerpräsident wird. Schließlich hat er die vergangenen fünf Jahre die Minderheitsregierung aus Linke, SPD und Grünen geführt.
Doch es ist gut möglich, dass Ramelow etwas anderes meint, wenn er davon spricht, für eine Mehrheitsregierung sorgen zu wollen. Und sei es nur in der Form, nach der Wahl als Vermittler aufzutreten und den Weg freizumachen. Denn der 68-jährige Linke ist Realist.
Plakate ohne Parteilogo
Die Beliebtheitswerte Bodo Ramelows sollen der Linken helfen: Die Wahlkampf-Kampagne der Linken ist auf ihn zugeschnitten. Beispielhaft ist das zentrale Großflächen-Motiv. Es zeigt ihn mit der Losung: "Christ. Sozialist. Ministerpräsident." Das Logo der Linken: Nicht vorhanden. Es geht vor allem darum, den Amtsbonus des Regierungschefs in Wählerstimmen umzumünzen. Als die Kampagne vorgestellt wird, scherzt der Spitzenkandidat: "Wir werden nicht die Partei Die Linke in Bündnis Bodo Ramelow umwandeln."
Und doch bedient sich der erfahrene Politiker im Werkzeugkasten der BSW-Namensgeberin. Wie Sahra Wagenknecht spricht auch Ramelow zuletzt auffällig oft über Frieden. Er weiß, dass Frieden in der Ukraine nicht durch die Thüringer Landespolitik zu schaffen sein wird. Er weiß aber auch, dass der Krieg die Thüringer beschäftigt und in ihrem Sicherheitsempfinden beeinflusst.
Doch Ramelow befürwortet deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. Er erkenne keinen Grund, warum sich ein angegriffenes Land nicht verteidigen dürfe, so der Linke. Eine Position, die ihm vor allem aus den Reihen der Bundespartei Kritik einbrachte. Ramelow scheint das egal zu sein. Sein Verhältnis zur eigenen Partei, speziell zu Teilen der Bundespartei, gilt schon seit Jahren als angespannt.
Welche Inhalte der Linken im Wahlkampf eine Rolle spielen sollen, hat die Partei als eine der ersten im Freistaat schon Anfang des Jahres beschlossen. Beim Parteitag in Ilmenau blitzt denn auch das Selbstverständnis auf, das sich in den vergangenen zehn Jahren als Regierungspartei augenscheinlich entwickelt hat. Das klassische "Wahlprogramm" wird selbstbewusst "Regierungsprogramm" genannt und verabschiedet.
Die Inhalte sind traditionelle Linken-Schwerpunkte. Mehr Regulierungsmöglichkeiten für den Staat, der unter anderem in Thüringen den Nahverkehr zentral organisieren soll. Mehr Angleichung zwischen Stadt und Land. Sollte der Machterhalt gelingen, will Ramelow Bildung und Betreuung in Thüringen komplett beitrags- und gebührenfrei stellen.
Außerdem erklärt er die Gründung einer Landeswohnungsbaugesellschaft zum Ziel, wodurch perspektivisch die Mieten im Land wieder sozialverträglicher werden könnten.
Nur AfD als Partner ausgeschlossen
Bleibt die Frage: Mit wem und in welcher Konstellation will der Linke-Spitzenkandidat diese Ziele umsetzen? SPD und Grüne schwächeln derart, dass eine Neuauflage von Rot-Rot-Grün unrealistisch erscheint. Die Linke zusammen mit BSW und CDU?
Aus Ramelows Sicht durchaus denkbar. "Die einzige Partei, mit der ich nicht zusammenarbeiten will, ist die AfD."