Parteien nach der Saarland-Wahl Jetzt nur nicht depressiv werden
CDU-Chef Merz will sich vom schlechten Abschneiden seiner Partei im Saarland anspornen lassen. Auch FDP-Chef Lindner sieht keinen Grund für Unruhe. Die Linkspartei hingegen hadert, Landeschef Lutze zog Konsequenzen.
Der Wahltag im Saarland endete für die Landes-CDU mit einem Debakel. Von 40,7 Prozent der Wählerstimmen, die die Christdemokraten noch vor fünf Jahren einfahren konnten, krachte die Partei laut vorläufigem Wahlergebnis auf 28,5 Prozent. Was das für den Landesverband konkret bedeutet, das will der nun abgewählte Ministerpräsident Tobias Hans im Laufe des Tages mit den Parteigremien genau erörtern. Doch schon jetzt steht für ihn fest, dass das Scheitern seiner CDU "persönliche Konsequenzen" nach sich ziehen werde.
Die hatte Hans auch schon direkt am Wahlabend angekündigt - ohne auszuführen, wie diese Konsequenzen aussehen werden - ob etwa sein Rücktritt als Vorsitzender der Saar-CDU im Raum steht oder der Verzicht auf sein Abgeordnetenmandat.
Merz pocht trotz Wahldebakel auf Zuversicht
Der Chef der Bundes-CDU, Friedrich Merz, will lieber nach vorn schauen - auf die drei weiteren Landtagswahlen in diesem Jahr - zuerst in Schleswig-Holstein, kurz darauf in Nordrhein-Westfalen und im Herbst schließlich noch in Niedersachsen. Von schlechten Vorzeichen will Merz dabei nichts wissen. Man habe sich gewünscht, den Auftakt in diesem Jahr besser hinzubekommen, räumte er bei einer Pressekonferenz zwar ein, doch seine Partei gehe "unverändert mit wirklicher Zuversicht" in die kommenden Wahlen:
Wir gehen jetzt nicht depressiv in den Rest des Jahres 2022 - ganz im Gegenteil: Dieses Wahlergebnis gestern, das spornt uns noch einmal an.
Die Wahlen im Saarland sind für Merz eine Sache für sich: "Wir haben es dort mit einer anderen Parteienlandschaft zu tun, mit anderen Konstellationen." Und ein ermutigendes Signal böten die derzeitigen Umfragewerte der Bundes-CDU. Denn die habe "den Turnaround" hinbekommen und liege inzwischen wieder vor der SPD.
Eine Wahl mit "sehr eigenen Gesetzen"
Ähnlich klingt das Fazit des Bundesvorsitzenden der FDP, Christian Lindner. Zwar konnten die Liberalen bei der Abstimmung im Saarland Wählerstimmen dazugewinnen - doch mit 4,8 Prozent reichte es abermals nicht für den Einzug in den Landtag. Schon in den vergangenen beiden Wahlperioden war die Partei dort nicht vertreten.
Auch Lindner betont, dass die Wahl im Saarland "sehr eigene Gesetze hatte". Die Wahl sei stark durch die Auseinandersetzung zwischen Noch-Ministerpräsident Hans und seiner SPD-Herausforderin Anke Rehlinger geprägt gewesen. "Darunter haben alle kleineren Parteien gelitten", so Lindner und sieht darum keine Anzeichen eines bundespolitischen Trends, der sich in den kommenden Landtagswahlen widerspiegeln könnte.
Ebenso sieht Lindner keinen Anlass, die Politik seiner Partei infrage zu stellen - etwa im Umgang mit der Corona-Pandemie, bei dem die FDP Lockerungen trotz wieder hoher Infektionszahlen befürwortet. "Die Vorstellung, dass die FDP eine Corona-Politik formuliert in Gedanken an Wahlkämpfe, ist falsch", betonte der FDP-Chef und fügte mit Blick auf den Rückhalt seiner Partei für die Aufhebung vieler Schutzmaßnahmen hinzu: "Ob wir dafür breite oder sehr breite oder eine geringere Zustimmung erhalten - das spielt für uns keine Rolle. Das sind Fragen der Grundüberzeugung."
Bartsch: Kein "Weiter-so" in der Linkspartei
Für den Bundestagsfraktionschef der Linkspartei, Dietmar Bartsch, ist das Abrutschen seiner Partei im Saarland allemal Anlass, die Politik auf den Prüfstand zu stellen. "Nach diesen Wahlen ist ganz klar: Ein Weiter-so kann es nicht geben und ein Weiter-so wird es nicht geben", betonte er im Interview mit dem NDR. Die Linkspartei muss mit einem Ergebnis von 2,6 Prozent ein Minus von 10,3 Prozentpunkten einstecken und fliegt aus dem saarländischen Landtag.
Für das schlechte Abschneiden sind wohl vor allem interne Streitigkeiten der Grund, die schließlich im Parteiaustritt des früheren Linken-Chefs Oskar Lafontaine gipfelten - der "Todesstoß", wie es Bartsch bezeichnete. Doch nicht nur im Saarland, auch bei der Europawahl, der Bundestagswahl und mehreren Landtagswahlen habe die Linkspartei nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt, sagte Bartsch weiter. Darum sei es Zeit für inhaltliche Diskussionen und dafür, interne Auseinandersetzungen zu beenden.
Linkspartei-Landeschef Thomas Lutze kündigte den Rückzug von seinem Amt an. "Ich werde nicht nochmal kandidieren", machte er deutlich. Er werde sich nicht in den Prozess einmischen, wer das Amt übernehmen solle. Der nächste reguläre Landesparteitag der Linkspartei soll im Mai stattfinden.
Chrupalla spricht von "starkem Abschneiden" der AfD
Eigentlich hatte sich auch AfD-Chef Tino Chrupalla in Berlin vor Journalisten zum Wahlausgang im Saarland äußern wollen, zusammen mit dem saarländischen AfD-Landesvorsitzenden Christian Wirth. Doch Chrupallas elektronischer Corona-Genesenennachweis war offenbar nicht gültig, wie es aus der Bundespressekonferenz hieß. Daher blieb ihm der Zugang zur Pressekonferenz verwehrt.
Stattdessen folgte ein schriftliches Statement, in dem Chrupalla seiner Partei im Saarland ein "starkes Abschneiden" zuspricht, gerade "bei Arbeitern", was zeige, "dass es für die AfD nicht mehr um Ost oder West" gehe. In Zeiten hoher Inflation und gesellschaftlicher Verwerfungen brauche es "ein freiheitlich-soziales Profil, mit dem wir in ganz Deutschland antreten können", hieß es vom AfD-Vorsitzenden weiter - gepaart mit einer Spitze gegen den großen Wahlverlierer CDU. Der Wahlausgang im Saarland mache deutlich, "dass der kontinuierliche Abstieg der CDU in Deutschland auch unter Friedrich Merz weitergeht. Es braucht keine neue CDU mehr".
Nur ein Funken Hoffnung bei den Grünen
Die Spitzenkandidatin der saarländischen Grünen, Lisa Becker, hat nur wenig Hoffnung, dass die Partei noch den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft. "Wir gehen davon aus, dass das nicht mehr aufzuholen ist", sagte sie. Es gebe nur "einen Funken Hoffnung".
Nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis verfehlte die Partei den Einzug ins Parlament um 23 Stimmen. Sie liegt demnach bei 4,99502 Prozent.