Sozialpolitik Scholz fordert Mindestlohnanhebung auf 15 Euro
Kanzler Scholz fordert eine Anhebung des Mindestlohns auf bis zu 15 Euro. Die Kritik an seinem Vorstoß ließ nicht lange auf sich warten: CDU und Arbeitgeber werfen ihm Einmischung in die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission vor.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro ausgesprochen. "Ich bin klar dafür, den Mindestlohn erst auf 14 Euro, dann im nächsten Schritt auf 15 Euro anzuheben", sagte Scholz dem Magazin Stern. Gleichzeitig übte er Kritik an der Mindestlohnkommission. "Die Arbeitgeber haben nur auf einer Mini-Anpassung beharrt." Außerdem hätten sie mit der Tradition gebrochen, einvernehmlich zu entscheiden, so der SPD-Politiker.
Aktuell ist vorgesehen, den Mindestlohn im kommenden Jahr von derzeit 12,41 Euro auf 12,82 Euro anzuheben. Die Höhe wird von einer dafür zuständigen Kommission festgelegt, in der die Sozialpartner vertreten sind. 2022 hatte ihn die Regierung in einem bisher einmaligen Schritt per Gesetz auf 12 Euro angehoben - ein zentrales Wahlversprechen von Scholz vor der vergangenen Bundestagswahl. "Damit haben wir die größte Gehaltsverbesserung seit Jahren für Beschäftigte im Niedriglohnsektor geschaffen", sagte er dem Stern weiter. Alle Warnungen vor Jobverlusten hätten sich als haltlos erwiesen.
CDU und Arbeitgeber werfen Scholz Einmischung vor
Scholz' Vorstoß stieß umgehend auf Kritik: Die CDU-Bundestagsabgeordnete und Chefin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion MIT, Gitta Connemann, sagte dem Magazin Spiegel, der Kanzler bereite "den nächsten Wortbruch" vor und setze sich "an die Spitze des politischen Überbietungswettbewerbes". Genau gegen diese "Politisierung der Lohnfindung" hätte der Gesetzgeber die Mindestlohnkommission geschaffen.
Auch der Arbeitgeberverband BDA warf Scholz eine zu starke Einmischung vor. "Wenn jemand einen Tabubruch begeht, dann der Bundeskanzler", sagte BDA-Präsident Rainer Dulger. Wenn Politik und Gewerkschaften weiter die Verhandlungen zum Mindestlohn in der Presse führten, könne man "die Mindestlohnkommission auch gleich auflösen." Für Wirtschaft, Arbeitsplatzsicherheit und Tarifautonomie sei es "brandgefährlich, aus wahlkampftaktischen Gründen den Druck auf die Mindestlohnkommission stetig zu erhöhen", so Dulger.
Ähnlich äußerte sich der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian: "Ich persönlich finde, dass das kein gutes Signal ist", sagte er. Es dürfe nicht wieder politisch eine Einmischung geben. Steige der Mindestlohn zu schnell, würden bestimmte Jobs wegfallen.
Die FDP-Bundestagsfraktion hatte sich bereits zuvor gegen politische Eingriffe in die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission ausgesprochen.
Grüne, Linke und ver.di für Anhebung auf 15 Euro
Vertreter von Grünen, Linken und der Gewerkschaft ver.di forderten hingegen wie Scholz eine Lohnuntergrenze von 15 Euro. Damit alle mit ihrem Einkommen auskommen könnten, sei ein gesetzlicher Mindestlohn noch in diesem Jahr von 14 Euro und im nächsten Jahr von 15 Euro geboten, sagte die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt kürzlich. Auch aus der SPD wurde Kritik laut, die geplante Anhebung sei zu niedrig.