"Wachstumschancengesetz" Städtetag gegen Investitionspläne der Ampel
Die Ampelkoalition ermuntert Unternehmen zu Investitionen und verspricht steuerliche Entlastungen. Der Städtetag protestiert. Dies würde Mindereinnahmen der Kommunen in Milliardenhöhe bedeuten, so Städtetagspräsident Lewe.
Der Deutsche Städtetag hat nach dem Kabinettsbeschluss zum sogenannten Wachstumschancengesetz seine Kritik an den Plänen erneuert. Der Gesetzentwurf sei "eine echte Hiobsbotschaft für die Städte", sagte Städtetagspräsident Markus Lewe (CDU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Wenn es so komme wie geplant, "bedeutet das für die Kommunen voraussichtlich bundesweit Steuerausfälle von mehr als sieben Milliarden Euro." Das sei kaum zu verkraften. Bereits vorher hatte der Städtetag allein bei der Gewerbesteuer vor Ausfällen in Höhe von etwa 1,9 Milliarden Euro gewarnt.
Das Bundeskabinett beschloss im brandenburgischen Meseberg den Gesetzentwurf, der 50 steuerpolitische Maßnahmen umfasst. Mit ihnen soll die Wirtschaft in den kommenden Jahren um 32 Milliarden Euro entlastet werden. Kern ist eine Prämie für Investitionen in den Klimaschutz. Über das Gesetz wird nun im Bundestag beraten. Damit es in Kraft treten kann, müssen auch die Bundesländer zustimmen.
Investitionen versus Streichungen
Lewe, der auch Oberbürgermeister der Stadt Münster ist, sagte, bei Wärme- und Mobilitätswende, beim Gebäudeenergiegesetz und der Klimaanpassung stünden die Kommunen vor "Mammutaufgaben" - doch sei völlig unklar, wie die Städte hier immer mehr investieren sollten, wenn ihnen die Bundesregierung gleichzeitig Milliarden streichen wolle. "Mit dem Wachstumschancengesetz in seiner jetzigen Form würde der Bund der Wirtschaft einen Bärendienst erweisen."
Wie das Bundesfinanzministerium auf seiner Website schreibt, soll das Gesetz "die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessern und Impulse setzen". Ziel sei, dass "Unternehmen dauerhaft mehr investieren und mit unternehmerischem Mut Innovationen wagen können."
Andere Beschlüsse der Bundesregierung lobte Lewe, etwa die Einigung bei der Kindergrundsicherung. Das Zusammenlegen mehrerer familienpolitischer Leistungen bedeute aber auch große Veränderungen in der Verwaltung. Er forderte, die Koalition müsse nun zügig einen Gesetzentwurf vorlegen, damit das neue System bis 2025 kommen könne.
Merz fordert, Solidaritätszuschlag abzuschaffen
Auch CDU-Chef Friedrich Merz übte Kritik an den Plänen der Bundesregierung. Er forderte ein weiteres Mal, statt des sogenannten Wachstumschancengesetzes den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. "Ich sage voraus", so Merz: "Der Bund wird für das sogenannte Wachstumschancengesetz die Zustimmung der Länder nicht bekommen." Der Bund habe eine bessere Möglichkeit, "eine Entlastung für Mittelstand und Industrie zu realisieren: Er könnte sofort den Soli abschaffen", sagte Merz ebenfalls den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Der Solidaritätszuschlag, kurz Soli, würden nur noch wenige zahlen. Die vollständige Abschaffung sei die "einfachste und beste Möglichkeit", Unternehmen schnell zu helfen. Meine die Regierung es ernst mit einer Entlastung, "sollte sie diese Chance ergreifen."
Grimm betont auch Vorteile
Anders als Merz und Lewe kam von der Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, neben Kritik auch Lob für das Gesetz. Es sei "zumindest ein Signal, dass die Politik verstanden hat, dass gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft wichtig sind." Das reiche aber nicht.
Man müsse sich "dringend" den vielen "strukturellen Herausforderungen widmen: Rente, Bildung, Energieangebot, Auf- und Ausbau von Infrastrukturen und Bürokratieabbau", sagte Grimm, auch im Gespräch mit der Funke-Mediengruppe. Bei der geplanten Prämie für Investitionen für Klimaschutz werde es darauf ankommen, klare Regeln für die Inanspruchnahme zu definieren. "Gelingt dies nicht, kann es schnell kompliziert und bürokratisch werden", sagte Grimm.