Bund der Steuerzahler "Der Soli sollte komplett und für alle fallen"
In der Debatte um eine steuerliche Entlastung von Unternehmen geht der Bund der Steuerzahler noch einen Schritt weiter als Finanzminister Lindner und fordert eine komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags.
Der Bund der Steuerzahler hat eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags gefordert und unterstützt damit Überlegungen von Finanzminister Christian Lindner (FDP). "Der Soli sollte komplett und für alle fallen", sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Ihm gehe der Vorstoß von Lindner nicht weit genug.
Neben Unternehmen würden auch viele Facharbeiter und Fachangestellte diesen noch zahlen. Es gehe vor allem um "Vertrauensschutz", sagte Holznagel. "Die Menschen haben sich darauf verlassen, dass der Soli mit dem Auslaufen der besonderen finanziellen Hilfen für die fünf neuen Bundesländer ebenso wegfällt."
Wenn auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu Recht eine steuerliche Erleichterung für Unternehmen anmahne, "dann sollte die Regierung mit der Soli-Abschaffung sofort beginnen", betonte Holznagel. "Davon würden auch viele kleine und mittlere Betriebe profitieren."
FDP und Grüne in einem Punkt einig
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag sieht dies ebenso. "Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags oder eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes wären wichtige Entlastungssignale", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian den Funke-Zeitungen. Nach wie vor zahlten nicht nur alle rund 800.000 Kapitalgesellschaften den Soli, sondern auch viele Einzelunternehmen und Personengesellschafter.
Lindner und Habeck sind sich einig, dass Unternehmen entlastet werden sollen, verfolgen jedoch unterschiedliche Ansätze. Habeck hatte sich für eine Reform der Unternehmenssteuer ausgesprochen und ein Sondervermögen ins Spiel gebracht, um strukturelle Probleme zu lösen. Lindner lehnte dies mit der Begründung ab, es bedeute neue Schulden und schlug vor, den Soli zu streichen, den seit einer Steuerreform im Jahr 2021 noch Besserverdienende und Körperschaften zahlen. SPD-Chefin Saskia Esken und Grünen-Chefin Ricarda Lang lehnten den Vorschlag ab.
Bundeskanzler reagiert zurückhaltend
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil nannte es in den Funke-Zeitungen "gut, dass Christian Lindner und Robert Habeck als zuständige Minister daran arbeiten, die wirtschaftliche Lage in Deutschland weiter zu verbessern und zusätzliche Investitionen zu ermöglichen."
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reagierte zurückhaltend auf Lindners Vorstoß. Der SPD-Politiker forderte am Montagabend, sich auf die Durchsetzung des "Wachstumschancengesetzes" zu konzentrieren, das derzeit im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat beraten wird. "Darauf sollte man sich konzentrieren. Das ist praktisch, anfassbar und wirkt schnell."
Im vergangenen Jahr erbrachte der Soli dem Bund Einnahmen von rund zwölf Milliarden Euro.
Der Bund der Steuerzahler Deutschland e. V. (BdSt) versteht sich als "kritischer Begleiter der Steuer- und Haushaltspolitik von Bund, Ländern und Kommunen". Der gemeinnützige Verein wurde 1949 in Stuttgart als parteipolitisch neutrale Interessenvertretung gegründet.
Vergangenen Dezember beschwerte sich allerdings die Kampagnenorganisation Campact bei Finanzämtern über sechs Landesverbände des BdSt. Nach Ansicht der Aktivisten ist der Lobbyverband zu Unrecht gemeinnützig, weil er regelmäßig öffentlich zu politischen Entscheidungen Stellung beziehe, "um eigene Standpunkte und Forderungen durchzusetzen".
Einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge stellt der BdSt zudem kein repräsentatives Abbild der steuerzahlenden Bevölkerung dar.