Faeser zu "Taurus"-Abhöraffäre "Schutz gegen Spionage hochgefahren"
In der Debatte um die "Taurus"-Abhöraffäre betont Bundesinnenministerin Faeser die Abwehrfähigkeit deutscher Geheimdienste. Der Union kommt die Aufklärung der russischen Spionage nicht schnell genug voran.
Infolge der sogenannten "Taurus"-Abhöraffäre diskutiert die deutsche Politik über den richtigen und notwendigen Schutz gegen russische Spionage. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sieht die Geheimdienste der Bundesrepublik bereits jetzt gut gewappnet.
Die eigenen "Schutzmaßnahmen gegen Spionage und Desinformation" seien weiter hochgefahren und die Spionageabwehr beim Bundesamt für Verfassungsschutz sei personell und technisch deutlich verstärkt worden, betonte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Bekämpfung der russischen Nachrichtendienstaktivitäten bleibe ein wesentlicher Schwerpunkt der Spionageabwehr. Ziel des "Propaganda-Apparats" von Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin sei es "unseren Staat diskreditieren, die Meinungsbildung manipulieren und unsere Gesellschaft spalten", warnte Faeser weiter. Doch das werde nicht gelingen.
Ähnlich äußerte sich SPD-Parteichef Lars Klingbeil: "Putin versucht, unsere Politik und unsere Gesellschaft zu spalten." Die Aufklärung der Abhöraffäre dürfe daher nicht mit "Forderungen vermischt werden, die sofort als parteipolitisch motiviert durchschaubar sind".
Auch die US-Regierung sieht in dem Abhörfall einen "dreisten und durchschaubaren Versuch der Russen, Zwietracht zu säen". Russland versuche auf diesem Weg, es so aussehen zu lassen, als sei der Westen nicht geeint und als gebe es auch innerhalb der Regierung in Deutschland keine Einigkeit darüber, was sie tue, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby,
Verteidigungsausschuss soll Anfang kommender Woche beraten
In welchem Umfang deutsche "Institutionen auf einen hybriden Angriff vorbereitet sind", soll wohl am Montag Thema in einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestages sein, wie dessen Vorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann in der "Rheinischen Post" ankündigte. Bis dahin lägen mehr Informationen zur Abhöraffäre vor.
Unter anderem untersucht der Militärische Abschirmdienst, wie Russland an den am Freitag geleakten Gesprächsmitschnitt zwischen hochrangigen Bundeswehroffizieren gelangen konnte. Darin ist zu hören, wie Luftwaffen-Chef Ingo Gerhartz mit drei Untergebenen über einen möglichen Einsatz deutscher "Taurus"-Marschflugkörper in der Ukraine gegen die russischen Angreifer spricht.
Strack-Zimmermann rief erneut dazu auf, "mit aller Ernsthaftigkeit, aber auch Souveränität" über den Umgang mit der Abhöraffäre zu entscheiden - und zielte damit vor allem in Richtung Opposition. Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hatte im Umgang mit der Abhöraffäre zu Besonnenheit aufgerufen.
Union drängt auf schnellere Aufklärung
Doch für die Union läuft die Aufklärung des Abhörfalls zu schleppend an. Die für Anfang der kommenden Woche angesetzte Sondersitzung kommt für Thorsten Frei, den Parlamentarischen Geschäftsführer der Union im Bundestag, viel zu spät. Die sei "völlig unangemessen", heißt es in einem Schreiben des CDU-Politikers an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, aus dem die "Rheinische Post" zitierte. Stattdessen müsse das Gremium noch diese Woche zusammenkommen, und auch Bundeskanzler Olaf Scholz müsse an der Sitzung teilnehmen.
Zudem nutzt die Union die Debatte, um ein bereits während des Wahlkampfes 2021 gestecktes Ziel neu aufzugreifen: einen Nationalen Sicherheitsrat für Deutschland. "In solchen Krisenfällen kann er die politische Steuerung übernehmen", bekräftigte der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Henning Otte, die Forderung in der "Rheinischen Post". Die Notwendigkeit werde nochmals klarer angesichts der Uneinigkeit der Bundesregierung im Umgang mit der russischen Spionage, kritisierte der CDU-Politiker: Während Kanzler Scholz von einer "ernsten Lage" spreche, warne Verteidigungsminister Pistorius lediglich davor, "Putin auf den Leim" zu gehen.
Scholz bleibt beim Nein zu "Taurus"-Lieferungen
Nach dem Auftauchen des geleakten Gesprächsmitschnitts hatte Scholz sein seit Monaten wiederholtes Nein zur "Taurus"-Lieferung an die Ukraine nochmals bekräftigt. Weder die Bundeswehr noch die NATO dürften direkt am Krieg in der Ukraine beteiligt sein.
Die Union hingegen drängt seit Längerem darauf, dem ukrainischen Militär die geforderten Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen - und auch in den Reihen der Ampel-Parteien gibt es bei Grünen und FDP Befürworter der Lieferung. So hatte Strack-Zimmermann einem Antrag der Union im Bundestag, die "Taurus"-Lieferung zu genehmigen, zugestimmt. Eine Mehrheit erlangte der Antrag jedoch nicht.
Bei einem erneuten Versuch könnte es in der FDP aber mehr Stimmen für einen solchen Antrag geben, sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki im "Münchner Merkur". Auch für ihn selbst sei dann wohl "der Punkt erreicht", um für die Lieferung zu stimmen.